Wirtschaftsminister will Abhängigkeit von China mindern Robert Habeck plant milliardenschweren Staatsfonds für Rohstoffe
Berlin · Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) arbeitet unter Hochdruck an einem milliardenschweren, halbstaatlichen oder staatlichen Rohstoff-Fonds. Er soll private Investitionen in Bergbaustätten in aller Welt unterstützen, um die enorme Abhängigkeit der deutschen Industrie von chinesischen Lieferanten zu verringern.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die deutsche Wirtschaft unabhängiger von der chinesischen Übermacht bei Rohstoffen machen – und plant deshalb einen eigenen deutschen Rohstoff-Fonds, der private Projekte zur Beschaffung begehrter Stoffe international unterstützen soll. „Wir arbeiten derzeit an einem Rohstoff-Fonds für mehr Wirtschaftssicherheit. Dieser soll mit einem Katalog an Instrumenten kompatibel, wenn auch nicht identisch mit dem Fondsmodell in Frankreich sein“, sagte eine Sprecherin Habecks unserer Redaktion.
Für die Einrichtung des staatlichen oder auch halbstaatlichen Rohstoff-Fonds müssten aber in diesen Wochen noch offene Haushaltsfragen geklärt werden. „In diese Prüfung ist auch die KfW miteinbezogen“, sagte die Sprecherin Habecks. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt abgelehnt. Habeck prüft deshalb die Entnahme von Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), bei dem er das Sagen hat. Bis Ende Juli will er den KTF-Wirtschaftsplan für die kommenden Jahre vorlegen. Zudem könnte sich die Staatsbank KfW an dem Fonds beteiligen. Denkbar ist auch eine Mischung aus beidem. Angestrebt ist überdies die Beteiligung privater Investoren an dem Fonds im Rahmen eines Public-Private-Modells.
Der französische Staat hat gemeinsam mit privaten Geldgebern in diesem Jahr einen zwei Milliarden Euro schweren Fonds zur Unterstützung von Rohstoffprojekten bereits aufgelegt, 500 Millionen stammen aus der Staatskasse. Italien hat ebenfalls bereits einen Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro gegründet. Auch Habeck möchte den deutschen Fonds dem Vernehmen nach mit mindestens einer Milliarde Euro ausstatten. Der Wirtschaftsminister mahnt zur Eile, wenn Deutschland verhindern wolle, dass ihm Frankreich oder Italien bei Rohstoff-Investitionen zuvorkommen. Um einen Wettlauf zu vermeiden, müssten die europäischen Länder ihre Aktivitäten im Ausland koordinieren.
„Ereignisse mit geopolitischen Auswirkungen wie die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben sowohl die Abhängigkeit von globalen Lieferketten als auch die Risiken für die Rohstoffversorgungssicherheit der Industrie in der EU noch einmal sehr verdeutlicht“, sagte die Sprecherin Habecks. „Deshalb werden in Zukunft die Unternehmen bei der Sicherung einer nachhaltigen, langfristigen und diversifizierten Rohstoffversorgung stärker unterstützt.“ Habeck hatte dazu bereits Anfang Januar ein Eckpunkte-Papier veröffentlicht. Sein Ministerium „wird für Rohstoffprojekte im In- und Ausland einen Private/Public-Fonds initiieren. Der Fonds soll Zuschüsse, Eigenkapital, Darlehen und Bürgschaften zur Finanzierung von Projekten zur Rohstoffgewinnung, zur Weiterverarbeitung und zum Recycling von Rohstoffen bereitstellen“, hieß es darin.
Vor allem bei Rohstoffen für strategisch wichtige Bereiche wie die Batteriefertigung ist Deutschland von China sehr stark abhängig. Die Volksrepublik ist bei den meisten Industriemetallen Weltmarktführer – und das mit weitem Abstand. So stammen nach Auskunft des Bundesverbandes der Deutschen Industrie mehr als 90 Prozent der so genannten Seltenen Erden, die etwa in Smartphones und Notebooks verbaut werden, aus China. Auch Graphit, das für Batterien benötigt wird, kommt zu 90 Prozent aus dem Riesenreich. Bei Germanium, das für Halbleiter wichtig ist, liefert China 75 Prozent des weltweiten Bedarfs, bei Gallium, ebenfalls für Computer-Chips wichtig, sind es 60 Prozent.
Die Sorge in der Bundesregierung ist, dass China etwa bei einer weiteren Zuspitzung der geopolitischen Lage die Lieferung von Rohstoffen als Druckmittel einsetzen könnte – ähnlich wie es Kreml-Chef Wladimir Putin bei Gas und Öl über Jahre getan hatte. Käme der staatliche Rohstoff-Fonds nicht, so hatte Habeck unlängst gewarnt, könne das die deutsche Wirtschaft schwächen. Die SPD unterstützt das Vorhaben. Ziel müsse sein, durch staatliche Hilfen aus dem Fonds mehr privates Kapital aus Deutschland zu mobilisieren, um in Bergbaustätten zu investieren, hieß es aus der SPD.
Zurückhaltend äußerte sich dagegen das FDP-geführte Finanzministerium. „Der Koalitionsvertrag sieht vor, die Wirtschaft bei der Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung zu unterstützen sowie den heimischen Rohstoffabbau zu erleichtern beziehungsweise ökologisch auszurichten“, hieß es in Kreisen des Ministeriums. „Es gilt kritische Abhängigkeiten, grundsätzlich zu vermeiden. Regierungsinterne Überlegungen zu den dafür geeigneten Instrumenten stehen jedoch noch am Anfang. Soweit es zu Beratungen über konkrete Vorschläge kommt, werden wir uns für marktnahe und bürokratiearme Lösungen und die Vermeidung finanzieller Risiken einsetzen“, so das Finanzministerium.