Schleswig-Holstein Was die große Koalition in Kiel zerrüttet hat

Kiel (RP). Die 2005 gebildete, faktisch zerstörte große Koalition in Schleswig-Holstein war eine Notgeburt. Nachdem es SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis Anfang 2005 auf spektakuläre Weise misslungen war, wiedergewählt zu werden – ihr versagte ein(e) bis heute Unbekannte(r) aus den eigenen Reihen in vier Wahlgängen die für die Wiederwahl notwendige eine Stimme –, fand sich zusammen, was nie zusammen gepasst hatte: CDU und SPD.

Das ist Peter Harry Carstensen
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Kiel (RP). Die 2005 gebildete, faktisch zerstörte große Koalition in Schleswig-Holstein war eine Notgeburt. Nachdem es SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis Anfang 2005 auf spektakuläre Weise misslungen war, wiedergewählt zu werden — ihr versagte ein(e) bis heute Unbekannte(r) aus den eigenen Reihen in vier Wahlgängen die für die Wiederwahl notwendige eine Stimme —, fand sich zusammen, was nie zusammen gepasst hatte: CDU und SPD.

Seit der Barschel-Affäre, die 1987 die Republik erschüttert hatte, war aus politischer Gegnerschaft Feindschaft geworden. CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel, der unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen in Genf zu Tode kam, hatte seinen SPD-Herausforderer Björn Engholm bespitzeln und verleumden lassen. Barschels Amtsnachfolger Engholm wurde 1993 der Falschaussage im Untersuchungsausschuss überführt und trat von allen Ämtern (einschließlich dem des SPD-Bundesvorsitzenden) zurück.

2005, als etwas Gras über die Kieler Affäre gewachsen war, versuchte CDU-Spitzenmann Peter Harry Carstensen das Bündnis mit der SPD. Deren starker Mann, Ralf Stegner, wurde Innenminister. Bereits nach zwei Regierungsjahren war das Verhältnis zwischen den beiden extrem unterschiedlichen Politiker-Typen derart zerrüttet, dass dem gutmütigen Ministerpräsidenten der Kragen platzte.

Er, der Stegner wiederholt vorhielt, sich an Absprachen nicht zu halten, stellte der SPD ein Ultimatum: Fortsetzung der großen Koalition nur ohne ein Kabinettsmitglied Stegner. Letzterer fügte sich, ist seither SPD-Fraktions- und Parteichef in Kiel. Immer wieder ließ der Harvard-Absolvent und Politologe Stegner, der nicht der Typ Menschenfischer ist und zum Kratzbürstigen tendiert, die Öffentlichkeit wissen, was er von dem ländlich geprägten, im Lande zwischen Nord- und Ostsee aber populären Agrarwissenschaftler Carstensen hält: nichts.

Nun brach der menschlich-politische Konflikt erneut auf, nachdem Stegner bestritten hatte, über die Millionenabfindung für den Chef der krisengeschüttelten HSH-Nordbank informiert worden zu sein. Die CDU wertete das als weitere Illoyalität des SPD-Spitzenmannes. Angeblich soll Stegner noch einen empfindlichen CDU-Nerv getroffen haben, als er den verhassten Koalitionspartner an die Barschel-Affäre erinnerte.

(RP)
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