Landwirtschaftsministerin Aigner Warum der Gen-Mais verboten wurde

Düsseldorf (PRO). In vielen EU-Ländern war die genmanipulierte Maissorte Mon 810 bereits verboten - nun verkündet Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) ein Verbot auch für Deutschland. Was hinter dem Gen-Mais steckt.

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat die genmanipulierte Maissorte Mon 810 in Deutschland verboten. Damit sei jeder Anbau und jeder weitere Verkauf von Saatgut oder Mais dieser Art unzulässig, erklärte die CSU-Politikerin am Dienstag in Berlin. "Die Bundesländer werden umgehend über diese Maßnahme informiert und werden die Einhaltung des Verbots überwachen", sagte Aigner.

Zur Begründung erklärte Aigner, sie sei zu dem Schluss gekommen, "dass es berechtigten Grund zu der Annahme gibt, dass der genetisch veränderte Mais der Linie Mon 810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt". Diese Auffassung sei auch vom Bundesumweltministerium bestätigt worden.

Seit 1998 ist die transgene Mais-Sorte Mon 810 EU-weit zugelassen — theoretisch. Praktisch verweigerten sich bereits Frankreich, Griechenland, Ungarn, Luxemburg und Österreich der EU-Entscheidung — und nun folgt auch Deutschland. Die von dem US-Konzern Monsanto entwickelte Sorte war der einzige in Deutschland zugelassene genveränderte Mais.

Der US-Hersteller Monsanto kündigte an, eine Klage schnellstmöglich zu prüfen. Die Dringlichkeit sei hoch, da die Aussaat kurz bevorstehe, sagte der Monsanto-Deutschland-Sprecher, Andreas Thierfelder. Könne der Mais nicht ausgesät werden, drohe ein Schaden in Millionenhöhe. Verschiedene Umweltverbände wie Campact und Nabu sowie der bayerische Umweltminister Markus Söder begrüßten das Verbot. "Das ist eine mutige und fachlich richtige Entscheidung", sagte der CSU-Politiker. Die Risiken des Gen-Maises seien bei weitem nicht erforscht.

Was hinter dem genveränderten Mais steckt

Strenggenommen ist die Bezeichnung "Gen-Mais" irreführend - denn Gene enthält jedes Lebewesen. Bei Mon 810 handelt es sich um genveränderten Mais, der überwiegend als Futtermais genutzt wird. Ein zusätzliches Gen lässt den Mais ein Protein produzieren, das gegen bestimmte Schädlinge wirkt, so das Verbraucherinformationsportal transgen.de.

Ilse Aigner ließ sich vor allem von drei Argumenten der Gentechnik-Gegner überzeugen: Das Bundesgesundheitsministerium befürchtet bei Mensch und Tier Antiobiotikaresistenzen durch den Verzehr des genverändertes Mais. Zweitens könnten Verwehung von Maispollen auf benachbarte Felder konventionelle Maissorten verunreinigen. Drittes wird befürchtet, dass auch die Schädlinge, die das Gift bekämpfen sollen, das der genveränderte Mais produziert, Resistenzen gegen das Gift entwickeln.

Feind der Mais-Bauern ist der kleine grau-braune Schmetterling Maiszünsler, seine Larven setzen dem Mais zu. Um gezielt den Schmetterling zu bekämpfen, wurde bei Mon 810 ein Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis extrahiert, das ein für den Schädling giftiges Protein produziert, das sich Darm der Larven in einen Giftstoff umgewandelt.

Befürworter der Maissorte weisen darauf hin, dass durch den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel die Artenvielfalt erhöht werde, weil das Protein nur gezielt gegen den Maiszünsler wirke. Greenpeace hingegen behauptet, das Gift wirke auch gegen andere Schmetterlinge Schwalbenschwanz, Kleiner Fuchs oder Pfauenauge. Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine 1999 durchgeführte Studie der Cornell-Universität stellte eine Schädigung des Monarchfalters fest. Studien im Wissenschaftsjournal Proceedigs of the National Acadamy of Sciences relatvierten dieses Ergebnis allerdings: Demnach reiche die Pollenkonzentration für eine schädliche Wirkung des Gifts für den Schmetterling meist nicht aus.

Um auf chemische Schädlingsbekämpfungsmittel zu verzichten, werden aus dem Bakterium gewonnene Präparate schon seit längerem in der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt. Im Falle von Mon 810 produziert der Mais das Protein selbst — und macht das Präperat damit überflüssig. Greenpeace sieht hier aber einen entscheidenden Unterschied: Laut eigener Analyse habe der Umweltverband herausgefunden, dass die Giftkonzentration anders als bei manueller Anwendung des Präperats bei Mon 810 stark schwankt. Zwischen verschiedenen Pflanzen traten laut Greenpeace Schwankungen um bis zum Hundertfachen auf.

Kritiker fürchten, dass sich der Gen-Mais gesundheitsschädliche Folgen für Mensch oder Tier haben kann. Mehrere von der EU in Auftrag gegebenen Studien lieferten dazu keine Befunde. Bereits seit Jahren wird Mon 810 weltweit auf vielen Millionen Hektar Landflächen angebaut, ohne dass bisher negative Auswirkungen bekannt geworden sind. Kritiker wie Greenpeace glauben dagegen, dass die Studien die Gefahren bisher nur lückenhaft untersucht haben.

Verunreinigungen nicht ausgeschlossen

Wer keine genveränderten Nahrungsmittel zu sich nehmen will, soll darauf verzichten können — so sieht die EU-Gentechnikverordnung vor. Deshalb gibt es Mindestabstände, die Landwirte, die genveränderte Sorten nutzen, zu konventionell angebauten Mais einhalten müssen. Gegen eine unkontrollierte Ausbreitung des genveränderten Mais sorgt vor allem die Tatsache, dass Mais in Deutschland nicht heimisch ist: Außerhalb speziell bewirteter Felder ist er nicht überlebensfähig. Zu kleineren "Verunreinigungen" von konventionellem Mais kommt es dennoch. Deshalb sind auch bei als gentechnikfrei gekennzeichneten Lebensmittel geringe Spuren von genverändertem Material erlaubt.

Gentechnik-Kritiker befürchten außerdem, dass sich der genveränderte Mais negativ auf Bienen auswirken könnten. Tatsächlich kommt es vor, dass Bienen Maispollen sammeln, wenn die Bienenvölker in der Nähe eines Maisfelds stehen. Doch selbst dann ist der Anteil von Pollen im Honig so gering, dass er selbst mit extrem empfindlichen Messverfahren nicht nachweisbar ist. Eine aktuelle US-Studie fand zudem keine Auswirkungen des genveränderten Mais auf die Überlebensrate von Bienen.

Mit Material von AP und DDP

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