Graue Wölfe Warnung vor türkischem Rechtsextremismus

Berlin · Ihr Auftreten sei hierzulande moderater als in den Jahrzehnten zuvor, doch der Einfluss türkischer Rechtsextremisten sei gewachsen. Experten warnen vor 18.500 Grauen Wölfen unter Türken allein in Deutschland.

 Ein Teilnehmer zeigt den „Wolfsgruß“ bei einer pro-türkischen Demonstration in München. Archivbild vom April 2016.

Ein Teilnehmer zeigt den „Wolfsgruß“ bei einer pro-türkischen Demonstration in München. Archivbild vom April 2016.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Ihre Zahl von gut 18.500 Mitgliedern scheint konstant und im Verhältnis zu drei Millionen Türken in Deutschland nicht bedrohlich. Doch seit sie in Ankara faktisch Teil der Regierung geworden sind, verzeichnen Experten auch in Deutschland einen wachsenden und bedrohlichen Einfluss: Die Grauen Wölfe, wie türkische Rechtsextremisten genannt werden, haben nach einer neuen Studie des Kölner Sozialwissenschaftlers Kemal Bozay in ihren drei Dachverbänden und über 300 örtlichen Organisationen einen erheblichen Rückenwind der türkischen Erdgan Regierung und „agieren auch in Deutschland demokratiefeindlich“. Sie agitierten Türken zu Antisemitismus, Rassismus und Hass auf Minderheiten wie Armeniern.

Deutschland müsse zur Kenntnis nehmen, dass Rechtsextremismus nicht nur Teil der Aufnahmegemeinschaft sei. „Es gibt verschiedene Rechtsextremismen“, sagte Bozay. Die Grauen Wölfe seien seit Beginn der Migration in den 1960er Jahren Teil der türkischen Präsenz und längst nicht mehr so schrill in ihren Stellungnahmen. Sie seien Teil von Sport- und Kulturveranstaltungen, träfen andere Türkeistämmige beim Tee oder Gebet, um sie anzuwerben oder zu beeinflussen. Die starken Reaktionen auf die Armenien-Resolution des Bundestages habe gezeigt, dass sich die Netzwerke über Nacht zusammenschließen könnten, um höchstmöglichen Druck auszuüben.

Grünen-Bundestagsabgeordneter Cem Özdemir verwies auf Unterwanderungsversuche, wie sie sich bei den Kommunalwahlen in NRW gezeigt hätten. Wenn einer mit AfD-Gedankengut in der Politik auf Widerstand stoße, aber nicht, wenn er Ahmed heiße, dann sei das nicht in Ordnung, unterstrich Özdemir. Er verlangte eine bessere Beobachtung der Bewegung durch die Behörden, Aufklärungskampagnen zur Vorbeugung und Solidarität mit den Opfern von türkischem Rechtsextremismus. Auch der Bundestag hatte sich zuletzt fraktionsübergreifend für ein Verbot der Grauen Wölfe in Deutschland ausgesprochen, wie es in Frankreich bereits geschah. Das Innenministerium in Berlin hat rechtliche Bedenken, da Vereinsverbote tiefe Einschnitte darstellten. Österreich untersagte das Zeigen von Symbolen der Grauen Wölfe, wie den Wolfsgruß oder die drei Halbmonde.

Die Untersuchung entstand im Auftrag des American Jewish Committee (AJC) in Berlin. AJC-Direktor Remko Leemhuis fasste zusammen, dass Entwicklungen in der Türkei Auswirkungen auch auf das gesellschaftliche Leben in Deutschland hätten. Er bedauerte, dass eine breite Auseinandersetzung über das Wirken der Grauen Wölfe bislang nicht stattgefunden habe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort