Streit um das Wahlrecht Auch Union erwägt 690 als Mandatsgrenze
Berlin · Der Bundestag ist mit mehr als 700 Abgeordneten das größte demokratisch gewählte Parlament der Welt. Um ein weiteres Anwachsen zu verhindern, sollte bereits vor Jahren das Wahlrecht geändert werden. Die Fronten sind verhärtet, ob es eine Einigung im Sommer geben kann, ist unklar.
In den seit Monaten schwelenden Streit der Bundestagsfraktionen um eine Reform des Wahlrechts könnte etwas Bewegung kommen. Einer der beiden Justiziare der Unionsfraktion, Michael Frieser (CSU), hat sich offen für eine Obergrenze von 690 Mandaten gezeigt, die zuvor die SPD genannt hatte. „Ein denkbarer Kompromiss wäre, sich auf eine Grenze von beispielsweise 690 Abgeordneten zu einigen“, sagte Frieser unserer Redaktion. Das Modell der Sozialdemokraten, das darauf aufbaut und mit einer Kappung ein weiteres Aufblähen des Bundestages bei der nächsten Wahl verhindern soll, hält Frieser jedoch für verfassungswidrig. „Dass die SPD-Fraktion jetzt noch schnell eine grundlegende Änderung des Wahlrechts vorschlägt, ist nur politische Show“, sagte er. „Das SPD-Modell der Nichtzuteilung von Wahlkreisen würde das Wahlrecht pervertieren und im klaren Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassung stehen“, sagte Frieser. Gemeinsam mit dem anderen Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling (CDU), sei er der Ansicht, dass das Unionsmodell das Wahlrecht weitaus weniger verändern würde, so Frieser. „Wir wollen alle Sitze jenseits einer Grenze anteilig auf die Parteien verteilen und von deren Sitzzahl wieder abziehen. Das ist fair, ohne grundsätzliche Eingriffe ins Wahlrecht vorzunehmen und wäre noch pünktlich vor der Bundestagswahl möglich“, sagte Frieser. Eine Kappung oder Nichtzuteilung wie von der SPD vorgeschlagen, „kommt für uns dabei nicht in Frage“, so Frieser. Und für eine Änderung der Wahlkreise fehle jetzt die Zeit. Ob es noch vor der Sommerpause eine politische Einigung geben wird, ist unklar. Sollen aber noch vor der kommenden Bundestagswahl Änderungen vorgenommen werden, um das drohende Anwachsen des Parlaments von derzeit mehr als 700 auf rund 800 Abgeordnete zu verhindern, braucht es zeitnahe Beschlüsse und eine Kompromisslinie die Koalitionsfraktionen von Union und SPD.