CDU-Wahlprogramm Der kleine Unterschied

Meinung · Das CDU-Wahlprogramm wird sich in drei Punkten wesentlich von dem der SPD unterscheiden. Und das ist auch gut so. Denn fehlende Unterschiede nähren die Parteienverdrossenheit.

 Angela Merkel und Horst Seehofer bei der Vorstellung des CDU/CSU-Wahlprogramms in Berlin.

Angela Merkel und Horst Seehofer bei der Vorstellung des CDU/CSU-Wahlprogramms in Berlin.

Foto: dpa, mkx pil

Die Union verspricht jungen Familien, Mittelständlern und Steuerzahlern Entlastungen durch viele kleine Verbesserungen im Steuerrecht, lässt bei der Rente erst einmal alles unverändert — und verspricht den Bürgern mehr Sicherheit durch mehr Geld für Polizei und Verteidigung.

Das ist die grobe Linie des neuen Wahlprogramms der Union, das Bundeskanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer am Montag in Berlin vorstellen. Das Unionsprogramm unterscheidet sich in drei wesentlichen Punkten von dem der SPD: Die Union will erstens alle Steuerzahler entlasten, die SPD dagegen nur die unteren und mittleren Einkommensbezieher. Zweitens sitzt die Union das Thema Rente einfach aus, statt sich auf neue Milliardenlasten für jüngere Generationen jetzt schon festzulegen. Drittens legt sie einen Schwerpunkt auf die innere und äußere Sicherheit. Die Bürger sollen auch die geplante drastische Steigerung der Verteidigungsausgaben demokratisch legitimieren, indem sie ihr Kreuz bei CDU oder CSU machen.

Die Programme der beiden politischen Lager sind damit unterscheidbarer geworden, als dies befürchtet worden war. Das ist gut, denn fehlende Unterscheidbarkeit nährt die schon verbreitete Politik- und Parteienverdrossenheit nur noch mehr. Während die SPD von Menschen, die mehr als 76.000 Euro im Jahr verdienen, künftig einen höheren steuerlichen Beitrag zum Gemeinwesen durch Anhebung des Spitzensteuersatzes verlangt, sieht die Union davon ab, die Steuern überhaupt an irgendeiner Stelle zu erhöhen. Nicht einmal die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge will sie abschaffen. Ihr Argument: Das Steuersystem leistet durch seinen progressiven Einkommensteuertarif schon einen ausreichenden sozialen Ausgleich. Mehr muss nicht.

Wer investieren und Arbeitsplätze schaffen will, den darf der Staat nicht durch Steuererhöhungen zusätzlich belasten, meint die Union. Sie trifft hier sicher einen Nerv, denn die politische Debatte konzentrierte sich bislang gern auf Hartz-IV-Empfänger, arme Rentner oder andere sozial Benachteiligte. Wer sich als Leistungsträger sieht, fühlte sich davon nie angesprochen.

Union und SPD kämpfen beide um die Wähler in der Mitte. Dabei hat die SPD eher die Bürger in der unteren, die Union die in der oberen Mitte im Auge. Die Umfragen, die die Union mit fast 40 Prozent deutlich vor der SPD sehen, geben einen Hinweis darauf, dass sich mehr Wähler selbst in der oberen Hälfte sehen und die Union die Wünsche dieser Mitte wahrscheinlich besser ansprechen kann als die SPD.

Was die Rente angeht, liefert die Union allerdings eine offene Flanke. Es ist angesichts der demografischen Entwicklung und der Entwicklung der Alterseinkommen eindeutig, dass es in der nächsten Periode einer neuen Rentenreform bedarf. Die SPD kann der Union zu Recht vorwerfen, dass sie sich bei der Rente einen schlanken Fuß macht.

Allerdings ist es wiederum vernünftig von der Union, das hochkomplizierte Thema in der kommenden Wahlperiode einer Rentenkommission mit Experten übertragen zu wollen. Die Kommission braucht aber politische Vorgaben, und denen verweigert sich die Union. Auch unter der Union dürfte das dicke Ende für die jüngeren Generationen erst nach der Wahl kommen. Denn ist die Wahl für die Union erst einmal gewonnen, wird wohl auch sie den Jüngeren sagen: Ihr müsst nun leider doch höhere Rentenbeiträge und deutlich mehr Steuern zahlen, weil viele Renten in Zukunft viel zu niedrig sind und die Zahl der Rentner so stark steigt.

(mar)
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