Ukraine Leistet Merkel Wahlkampfhilfe für Poroschenko?

Berlin · Die Kanzlerin trifft den ukrainischen Präsidenten vor der Stichwahl in seinem Land - nicht aber seinen Herausforderer. Sie stehe nun mal mit dem Präsidenten in Kontakt, sagt sie. Sie fordert Putin auf, ukrainische Matrosen freizulassen. Poroschenko beschwört die westliche Ausrichtung seines Landes.

Berlin Komiker hat die Kanzlerin in der Politik nicht so gern. So lustig ist das alles nicht, erst recht nicht in der Ukraine, die seit dem blutigen Konflikt mit prorussischen Separatisten im Osten des Landes und der russischen Annexion der Krim innerlich zerrissen ist. Das Problem ist nur, der Komiker und Polit-Neuling Wolodymyr Selenskyj ist der Herausforderer des Präsidenten Petro Poroschenko und hat gute Aussichten, die Stichwahl um das Präsidentenamt am 21. April zu gewinnen.

Angela Merkel hat am Freitag aber nur den Amtsinhaber im Kanzleramt empfangen. Ganz anders der französische Präsident Emmanuel Macron. Nach Paris durften beide kommen: Poroschenko und Selenskyj - nacheinander versteht sich. Leistet die Christdemokratin nun Wahlkampfhilfe für den Amtsinhaber? Merkel beantwortet die Frage beim gemeinsamen Auftritt mit Poroschenko schlicht so: „Ich habe mich entschieden, dass ich den Präsidenten einlade. Mit ihm stehe ich in einem permanenten Kontakt.“

Der nutzt die Gelegenheit zu weitschweifigen Ausführungen mit viel Lob für Deutschland und harten Attacken gegen Russland und beschwört einen ukrainischen Kurs auf EU und Nato. Poroschenko betont, dass Deutschland und die Ukraine noch nie so eng zusammengearbeitet hätten wie in den vergangenen Jahren – mit ihm als Präsidenten. 16 Mal habe er die Kanzlerin getroffen, die die Ukraine immer unterstützt und sich nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim für ihre Sicherheit eingesetzt habe.

Das Normandie-Format, mit dem Merkel einst mit Macrons Vorgänger Hollande, Poroschenko und Russlands Staatschef Wladimir Putin eine Eskalation der Krise in der Ukraine verhindern konnte, liegt derzeit aber brach. Die innenpolitische Lage in allen vier Ländern raubte den Staats- und Regierungschefs viele Nerven, außerdem sank das deutsch-russische Verhältnis auf einen Tiefpunkt. Da blieb wenig Raum für einen neuen Anlauf des so wichtigen Vierer-Formats. Merkel fordert von Moskau die Freilassung von 24 festgesetzten ukrainischen Matrosen und freien Schiffsverkehr und beklagt, dass das im Normandie-Format abgeschlossene Minsker Friedensabkommen bis heute nicht zu einem stabilen Waffenstillstand geführt habe. Poroschenko kündigt nun einen Gipfel mit Merkel und Macron direkt nach der Wahl an. Aber wer weiß, ob er das noch in der Hand hat.

In einem Punkt liegen Merkel und Potoschenko jedoch weit auseinander. Poroschenko hat größte Bedenken wegen der Ostseepipeline von Russland nach Deutschland, weil er um den Status seines Landes als Gastransitland fürchtet. Merkel erklärt, Ziel sei, dass weiterhin Gas durch die Ukraine geleitet werde, und sagt: „Dass wir an der einen Stelle unterschiedlicher Meinung sind, kann unsere strategische Partnerschaft aushalten.“

Erst nach Ostern wird sie wissen, ob sie über diesen Konflikt weiter mit Poroschenko verhandeln wird – oder doch mit Selenskyj. Poroschenko sagt, Menschen in der Politik wie der Schauspieler gäbe es auch in anderen Ländern. Das sei keine ukrainische Besonderheit. Die Ukraine habe aber nun die Wahl zwischen „einem realen und einem virtuellen Kandidaten“.

(kd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort