AfD-Wahlkampf in Sachsen Alice Weidel will „ein zweites 1989“
Dresden · Alice Weidel und Tino Chrupalla sind zum Wahlkampffinale der AfD in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Kurz vor der Landtagswahl heizen sie die Stimmung auf und beschwören die „blaue Welle“.
Auch wenn der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla vor einigen Wochen auf dem Bundesparteitag mit dem besten Ergebnis wiedergewählt wurde: Dass die Co-Vorsitzende Alice Weidel der unangefochtene Star der Basis ist, wird in Dresden an dem tosenden Applaus deutlich. „Ich liebe euch“, ruft sie ungewohnt herzlich ihrem Publikum zu und kokettiert damit, nach Sachsen zu ziehen.
Für den offiziellen Abschluss des Wahlkampfes in dem Freistaat hat sich die AfD einen geschichtsträchtigen Ort ausgesucht. Auf dem Dresdner Theaterplatz hat die Partei eine Bühne aufgebaut, auf der Weidel und Chrupalla sowie ihr sächsischer Spitzenkandidat Jörg Urban sprechen. Hunderte Menschen aus allen Altersgruppen haben sich am Donnerstag auf dem Platz zwischen Residenzschloss, Gemäldegalerie und Semperoper versammelt. Viele tragen Deutschlandfahnen. Es ist einer der heißesten Tage des Sommers, noch am späten Nachmittag sind es 34 Grad Celsius.
Vor dem Auftritt der Partei-Granden singt ein Gitarrenspieler auf der Bühne darüber, dass seine Frau die AfD liebe, aber „nicht die Sahra, die bei der SED war“. Gemeint ist vermutlich BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Große blaue Plakate hängen da mit der Aufschrift: Machtwechsel. Auf der anderen Seite des Gitters, welches das Gelände einzäunt, haben sich einige Dutzend Gegendemonstranten versammelt, die mit lauter Musik und Pfiffen versuchen, die Veranstaltung zu stören. Über deren Lautsprecher läuft „Schrei nach Liebe“ von der Berliner Band Die Ärzte, dann übernimmt ein kleines Orchester aus Blasinstrumenten, Geigen, Akkordeon und Trommeln.
Erst als Alice Weidel auf die Bühne kommt, übertönen Applaus und „AfD“-Rufe ihres Publikums die Protestaktion. „Hallo Dresden, hallo Sachsen“, ruft Weidel, würdigt die deutsche Kultur und das „blaue Wunder“, dass in Dresden seinen Anfang genommen habe. „Ich bewundere euch für die Tradition der Freiheit“, ruft Weidel ihren Anhängern zu und sagt im Rückblick auf die friedliche Revolution und das Ende der DDR: „Wir brauchen ein zweites 1989.“
Dann verweist sie auf den Gegenprotest und spricht von einem „linken, woken Kulturkrieg“. Sie kündigt an: „Wenn wir in der Regierung sind, wird die Antifa verboten.“ Aus der Zuschauermenge rufen einige: „Alle wollen dasselbe, Zecken in die Elbe“. Den Regierungspolitikern wirft Weidel vor, „die Sprache der Nazis“ gegenüber der AfD zu verwenden, den politischen Gegner zu entmenschlichen. Dann spricht sie über „Sünden“ und „Verbrechen“ der vergangenen Jahre - nennt dabei offene Grenzen, Energiepolitik oder auch die „Zerstörung der Geschlechteridentität“. Sie gibt der CDU eine Mitschuld an dem Messerattentat von Solingen, wirft den Behörden in Nordrhein-Westfalen vor, „einfach ein Auge zugedrückt“ zu haben. Das in Reaktion auf Solingen von der Bundesregierung vorgestellte Asylpaket bezeichnet sie als „Wählertäuschung“. Vor ihr hat Chrupalla gesprochen und gesagt: „Wir werden von einer Minderheit von Ideologen malträtiert.“
Der Spitzenkandidat in Sachsen, Jörg Urban, wirbt mit dem Slogan: „Damit Sachsen Heimat bleibt.“ Urban hat gute Aussichten, aus der Landtagswahl am 1. September als Sieger hervorzugehen. Im Moment liefert sich die AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem beliebten CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Doch im Vergleich zu Weidel wirkt Urban regelrecht blass, reißt sein Publikum kaum mit.
In Sachsen ist der Wahlkampf mit der Veranstaltung in Dresden offiziell beendet. Am Samstag hat Weidel aber noch einen wichtigen Termin: Sie begleitet den Thüringer AfD-Chef und Rechtsaußenpolitiker Björn Höcke bei seinem Wahlkampf in Erfurt.