Türkische Präsidentenwahl geht in die zweite Runde Deutsche Reaktion auf Wahlkrimi – Hoffen auf die Stichwahl

Berlin · Die Türkei hat gewählt, doch das Rennen um die Präsidentschaft ist noch nicht entschieden. Es kommt zur Stichwahl zwischen Amtsinhaber Erdogan und Herausforderer Kilicdaroglu. Eine Entwicklung, die deutsche Abgeordnete mit Sorge und Hoffnung in die Türkei blicken lässt.

Amtsinhaber Erdogan hat bei der Präsidentenwahl in der Türkei die meisten Stimmen erhalten, aber die für eine Wiederwahl nötige Mehrheit verfehlt. Es folgt eine Stichwahl in zwei Wochen.

Amtsinhaber Erdogan hat bei der Präsidentenwahl in der Türkei die meisten Stimmen erhalten, aber die für eine Wiederwahl nötige Mehrheit verfehlt. Es folgt eine Stichwahl in zwei Wochen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Wahl in der Türkei wird auch in Deutschland mit Spannung verfolgt. Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu lieferten sich ein enges Rennen um die Präsidentschaft. Nach Angaben der türkischen Wahlbehörde lag Erdogan am Montag mit 49,51 Prozent der Stimmen vorn, dicht gefolgt von seinem Herausforderer mit 44,88 Prozent. Weil keiner der Kandidaten die nötige Mehrheit – mehr als die Hälfte der Stimmen – für sich gewinnen konnte, gibt es am 28. Mai eine Stichwahl.

Die Ereignisse werden auch im politischen Berlin aufmerksam beobachtet, die Wahl galt als richtungsweisend. Das Wahlergebnis lasse sich noch nicht abschließend bewerten, sagte Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD, am Montag. Er kündigte an, den weiteren Verlauf von Deutschland aus genau zu beobachten. „Jetzt geht es umso mehr darum, in der Phase bis zur endgültigen Entscheidung zu schauen, wie dort Wahlbeobachter gestärkt werden können, wie genau darauf geachtet werden kann, dass es zu fairen, demokratischen Wahlen kommt“, betonte Klingbeil. Eine Wahlempfehlung vonseiten der SPD werde es nicht geben. Doch: Es wäre gut, wenn es nach der Entfremdung der letzten 20 Jahre zu einem Neustart der deutsch-türkischen Beziehung kommen würde, so der SPD-Politiker.

Auch der Parteivorsitzende der CDU, Friedrich Merz, betonte, wie wichtig „ein gutes Einvernehmen“ zwischen den Ländern sei – wie auch immer die Wahl ausgehe. Allein die Flüchtlingsfrage sei ohne die Hilfe der Türkei nicht lösbar. Omid Nouripour, Vorsitzender der Grünen, positionierte sich hingegen deutlicher: „Es geht nicht darum, dass wir uns einmischen in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes, aber wir stehen weiterhin an der Seite all derjenigen, die den Trend der letzten Jahre wiederzurückdrehen wollen.“

Laut Macit Karaahmetoğlu (SPD), türkischstämmiges Bundestagsmitglied und stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, ist das Wahlergebnis im ersten Moment ernüchternd. Doch: „Es ist ein Erfolg der Opposition, Erdogan trotz massiver medialer Dauerpropaganda in eine Stichwahl gezwungen zu haben“, unterstrich Karaahmetoğlu. Gleichzeitig habe der erste Wahlgang verdeutlicht, wie massiv Erdogan seine Macht zementiert habe. „Ich hoffe, dass die vorhandene Wechselstimmung dieses Bollwerk noch durchbrechen kann", sagte der SPD-Politiker unserer Redaktion.

Auch Max Lucks (Grüne) berichtete unserer Redaktion von einer schweren Wahlnacht. Der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe war als Wahlbeobachter für den Europarat in die Türkei gereist. „Die Hoffnung in ein Ergebnis, welches Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wieder stärken könnten, wurden nicht in Wahlergebnisse übersetzt. Ein Wahlsieg des breiten Oppositionsbündnisses um Kilicdaroglu wäre gewiss für Europa, Deutschland und das deutsch-türkische Verhältnis ein Gewinn“, sagte Lucks. Mit Sorge blicke er auf laufende Desinformationskampagnen. Lucks wirft dem Regierungslager vor, kein Interesse an einem fairen Wahlkampf zu haben.

Doch auch Serap Güler (CDU) unterstrich: „Es gibt aktuell keinen eindeutigen Wahlsieger. So enttäuschend dies für die Opposition ist, so enttäuschend ist es auch für Erdogan.“ Sie ist sich sicher, dass der Wahlkampf noch mal härter und der Ton rauer werde.

(jus/dpa)
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