Merkel im Umfragen überholt Wählerliebling Guttenberg

Berlin (RP). Noch nie ist ein Neuling so schnell so beliebt geworden wie der CSU-Senkrechtstarter im Wirtschaftsministerium. Jetzt hat er erstmals sogar die Popularitätswerte der Kanzlerin übertroffen. Was ist das Geheimnis seines Erfolgs? Kann denn das wahr sein?

Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg

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Da muss der Minister Opel retten, und was macht er? Er lässt für anderthalb Stunden das Regieren, fährt in einen Pferdestall, um dabei zu sein, wenn seine Töchter eine Reiterprüfung absolvieren. Beim Frühstück hat er‘s der Familie versprochen. Und Papi hält sein Wort. Zumindest wenn er Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg heißt.

Ehefrau Stephanie sorgt für Glamour

Klar sagen, was Sache ist, auch wenn man sich noch nicht festlegen kann. Aber dabei nicht schnörkelig-nebulös um die Probleme herumsalbadern. Vor allem jedoch: Wenn es sein muss, den noch Mächtigeren auf die Füße treten. Das ist der Kern von Guttenbergs Glaubwürdigkeit. Die Menschen spüren, dass sie nicht aufgesetzt ist, sondern echt. Den Termin im Reitstall hat Guttenberg für sich behalten, wiewohl das sicher auch gute Bilder in den Medien gegeben hätte. Aber die braucht er nicht. Seine Termine mit Ehefrau Stephanie, einer Ur-Urenkelin von Reichskanzler Bismarck, haben genug Glamour. Adel einmal einfach ­wer sonst spannt den Bogen der Beliebtheit von der Wirtschaftspresse bis zu den schillernden Illustrierten?

Großspurige Ankündigungen sind nicht sein Ding. Das Wirtschaftsministerium ist nicht der Ort, wo die Milliarden freihändig verteilt und die Entscheidungen am Fließband gefällt werden. Der Wirtschaftsminister ist für die Psychologie in der Wirtschaft zuständig.

Krise machte Guttenberg zum Star

Und deshalb hat die Krise Guttenberg zum Star gemacht. Kanzlerin Angela Merkel witterte früh die Chance, die offene Flanke fehlender Wirtschaftskompetenz für die Union mit Guttenbergs Eloquenz schließen zu können. Sie trug ihren Teil dazu bei, dass CSU-Chef Horst Seehofer bei der Nachfolge des plötzlich abtretenden Michael Glos das Wagnis einging, den 37-jährigen Nachwuchspolitiker nach nicht einmal 100 Tagen im Amt des CSU-Generalsekretärs gleich auf den Stuhl Ludwig Erhards zu heben.

Inzwischen schüttelt Seehofer selbst den Kopf über diesen Schritt, mit dem er seine potenzielle Konkurrenz im Eilverfahren groß gemacht hat. Längst wird "K. T.”, wie ihn seine politischen Freunde nennen, nicht mehr nur als möglicher Nachfolger unter mehreren an der Spitze von CSU und Freistaat gehandelt. Sondern als Favorit.

Der Absturz kann schnell kommen

Dass Guttenberg für den Weg von Null auf Platz 1 nur fünf Monate brauchte, bedeutet nach den Gesetzen der Medien, dass er binnen Tagen in der Gunst auch wieder abstürzen kann. Doch wurde ihm das schon prophezeit, als er strahlend in New York posierte und nichts als Hoffnungen zur Opel-Zukunft in der Tasche hatte. Und wieder, als die Regierung sich für die Rettungsmilliarden für Opel entschied und er ­ vom Konzept nicht überzeugt ­ nachts mit Rücktritt drohte. Und wieder, als er Seehofer in den Rücken fiel, als es um schnelle Millionen für den Quelle-Katalog ging.


Es hat ihn nicht zu Fall, sondern stets eine Stufe in der Anerkennung nach oben gebracht. Wenn der CSU-Chef die Europa-Keule gegen Merkel schwingt, sagt Guttenberg, dass sicher auch noch am CSU-Papier gefeilt werden müsse. Das Resultat sympathisch verpackter Unabhängigkeit: Guttenberg Superstar. Jedenfalls gemessen am Applaus. So war es, als CDU und CSU ihr Programm präsentierten. So war es wieder beim CSU-Parteitag. Guttenbergs Wohlfühlwerte lassen die CSU träumen. Ein Vorstandsmitglied: "Zweimal haben wir versucht, den Kanzler zu stellen. Zweimal hat es nicht geklappt. Nicht mit Strauß, nicht mit Stoiber. Aber jetzt haben wir K. T. und aller guten Dinge sind bekanntlich drei.”

(RP)
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