"Made in Germany" in Gefahr? Deutschlands Wohlstand fußt auf der EU

Meinung | Berlin · Muss sich die deutsche Wirtschaft um ihren guten Ruf in der Welt sorgen, ist das Qualitätssiegel "Made in Germany" in Gefahr? Die klare Antwort lautet: Nein.

Deutschlands Wirtschaft muss sich nicht um ihren guten Ruf in der Welt sorgen - "Made in Germany" bedeutet nach wie vor Qualität, schreibt unsere Autorin.

Deutschlands Wirtschaft muss sich nicht um ihren guten Ruf in der Welt sorgen - "Made in Germany" bedeutet nach wie vor Qualität, schreibt unsere Autorin.

Foto: dpa

Die unsäglichen Manipulationen an den VW-Motoren werfen zwar ein ungutes Licht auf den deutschen Weltmarktführer, vielleicht auch auf andere deutsche Autobauer, aber nicht auf die deutsche Wirtschaft insgesamt. Denn was haben Maschinenbau, Pharmaindustrie und weltweit führende Logistik-Dienstleister mit dem Autobau zu tun? Die deutsche Exportwirtschaft fußt auf Millionen Produkten und Dienstleistungen, die in der Welt nach wie vor so stark gefragt sind wie selten zuvor.

Das machen jüngste Erfolgsmeldungen der Außenhändler deutlich. Sie sprechen von einem "Ausnahmejahr 2015" im Export mit einem Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Prognose: 2015 exportieren deutsche Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von sage und schreibe 1,2 Billionen Euro, das ist fast die Hälfte der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung eines Jahres.

Da die Importe nur mit vier Prozent wachsen sollen, bliebe für das Gesamtjahr wieder ein satter Wachstumsbeitrag des Außenhandels. Im kommenden Jahr soll es nach der Prognose der Außenhändler erst einmal fast so gut weitergehen, sie erwarten auch hier noch ein Exportplus von 4,5 Prozent. Trotz der VW-Krise. Kunden im Ausland würden ihn eher augenzwinkernd darauf ansprechen, dass sich die sonst immer zuverlässige deutsche Wirtschaft mit VW ja wohl ein "Osterei" ins Nest gelegt habe, berichtet Außenhandelspräsident Anton Börner am Dienstag in Berlin.

Das ist aber längst nicht die ganze Geschichte. Denn natürlich kommt "Made in Germany" unter Druck. Nicht wegen VW, sondern wegen anderer Faktoren, die so heißen: China, Flüchtlingskrise und Europäische Union.

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China, der bis dahin größte Wachstumsmarkt, schwächelt. Die strukturellen Probleme in der Volksrepublik sind größer als die chinesische Regierung nach außen zugibt. Das Riesenreich wird längere Zeit als Wachstumstreiber der Weltwirtschaft ausfallen. Auch aus Schwellenländern wie Brasilien und Russland sind keine positiven Konjunkturimpulse mehr zu erwarten. Die vielen Krisenherde und Kriege im Nahen Osten und Nordafrika sind derzeit kaum lösbare, humanitäre Katastrophen. Nebeneffekt: Sie vernichten für die deutsche Wirtschaft potenzielle Absatzmärkte.

Größte Sorge bereitet der desolate Zustand der Europäischen Union. Gerade erst ist die Nachfrage der europäischen Nachbarn wieder etwas angezogen, da erschüttert die Flüchtlingskrise die EU im Kern und als Ganzes. Überall in Europa nehmen die nationalistischen Tendenzen gefährlich zu. Europa scheint nicht in der Lage zu sein, die Flüchtlingskrise solidarisch zu meistern. Zudem ist die Euro-Krise nicht überwunden, sie kann 2016 leicht wieder ausbrechen. Und einen kaum zu verwindenden Rückschlag würde die EU erleben, wenn sich die Briten tatsächlich per Referendum von ihr verabschieden sollten.

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Deutschland ist aber nicht nur bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise darauf angewiesen, dass die EU funktioniert. Es ist auch seine Wirtschaft, die etwa die Hälfte ihres Außenhandels in der EU abwickelt. Bricht die EU auseinander, wäre dies eine Zäsur, die den deutschen Wohlstand, das Geschäftsmodell der exportgetriebenen deutschen Wirtschaft ernsthaft gefährden könnte. Deutschland ist nicht nur politisch, es ist auch wirtschaftlich dringend darauf angewiesen, dass die EU nicht nur eine schöne Idee gewesen ist. Sondern dass die EU wirklich existiert als eine Gemeinschaft von Staaten, die zusammen und nicht gegeneinander arbeiten.

(mar)
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