Vorstoß des Verkehrsministers Steuerrabatt soll Bahnfahren billiger machen

Berlin · Der Vorstoß von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), den Mehrwertsteuersatz auf längere Bahnfahrten von derzeit 19 auf sieben Prozent zu reduzieren, ist bei Fahrgastverbänden, Klima- und Verbraucherschützern sowie fast allen Parteien auf viel Beifall gestoßen. Auch der Finanzminister signalisierte bei aller Skepsis Aufgeschlossenheit.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Das sei der „erste vernünftige Vorschlag“ des Verkehrsministers zum Klimaschutz, hieß es aus der Linkspartei. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und die übrige Bundesregierung zeigten sich bei aller Skepsis grundsätzlich aufgeschlossen. „Wir haben alle in der Bundesregierung das ganz klare Ziel, den Schienenverkehr zu stärken. Das eint uns“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Derzeit wird im Fernbahnverkehr bei allen Strecken über 50 Kilometer der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent aufgeschlagen. Im Nahverkehr gilt bereits der verringerte Satz. Die Reduzierung auf sieben Prozent würde die Bahn gegenüber dem Auto- und Luftverkehr attraktiver machen. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Bahn die Steuersenkung an die Verbraucher voll weiter geben würde. Deutschland würde mit einer Senkung der Steuer mit anderen EU-Ländern gleichziehen, in denen längst der reduzierte Satz gilt.

Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert im grenzüberschreitenden Bahnverkehr einen Steuersatz von Null, denn im Luftverkehr falle überhaupt keine Mehrwertsteuer an.

Die Reduzierung des Steuersatzes auf sieben Prozent würde zu Steuermindereinnahmen von jährlich 400 Millionen Euro führen, sagte Scheuer, der auch Mitglied im Klimakabinett der Bundesregierung ist. Hier steht der CSU-Politiker unter Druck, weil der Verkehrssektor bislang keinen eigenen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Zuletzt waren die CO2-Emissionen im Verkehr gegenüber 1990 sogar noch weiter angestiegen. Scheuer soll in diesen Wochen Vorschläge unterbreiten, wie der Sektor seine Treibhausgas-Emissionen bis 2030 drastisch senken kann. Dabei könnte der steuerlich geförderte Umstieg vom Auto- und Lkw- auf den Bahnverkehr eine wichtige Rolle spielen.

Finanzminister Scholz signalisierte verhalten Zustimmung. „Das ist ein Vorschlag von vielen, die gut im Klimakabinett miteinander diskutiert werden können“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. „Da werden in nächster Zeit sicherlich noch weitere Ideen folgen.“

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte, Bahnfahren müsse attraktiver werden. „Eine einzelne Idee ergibt aber noch kein schlüssiges Gesamtkonzept.“ Günstigere Preise würden nicht helfen, wenn die Züge überfüllt und unpünktlich seien.

Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. „Es ist gut, wenn sich Andreas Scheuer unserem Vorschlag anschließt“, sagte Hofreiter. „Er soll einen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auch im Fernverkehr nicht nur in Aussicht stellen, sondern durchsetzen.“ Grundlage für einen leistungsfähigen Bahnverkehr sei aber auch ein modernes, gut ausgebautes Schienennetz. „Kurzfristig müssen die Ausgaben für die Bahn verdoppelt, mittelfristig eher vervierfacht werden“, forderte Hofreiter. „Der traurige Zustand unseres Schienennetzes und die Unzuverlässigkeit der Bahn liegen insbesondere in der Vernachlässigung und im Desinteresse der Bundesregierung begründet“, sagte Hofreiter. Neben dem Fahrpreis sei die Fahrzeit entscheidend. Scheuer solle daher konsequent die dafür nötigen Schritte gehen. Nötig sei auch, „das Ticketchaos zu beenden und ein einfaches und übersichtliches Ticketsystem einzuführen.“

Scheuer sagte der „Bild“-Zeitung, bei der Bahn stimme der Trend, die Schwelle von 150 Millionen Fahrgästen im Fernverkehr werde erreicht. Im vergangenen Jahr waren es 148 Millionen. Der Verkehrsminister argumentierte, statt zu Verboten, Tempolimits oder dem Verteuern von Mobilität zu greifen, müssten Bahnverbindungen noch attraktiver gemacht werden. Zwischen Hamburg und Berlin fliege quasi niemand mehr, weil die Bahnverbindung gut sei. Eine positive Bilanz zieht der Minister zudem für die ICE-Strecke Berlin-München, wo sich die Fahrgastzahlen verdoppelt hätten.

Scheuers Vorstoß galt nur für die Bahn, nicht für den Fernbusverkehr. Die Verkehrsträger Fernbus und Fernzug müssten aber gleichermaßen gefördert werden, forderten der Omnibusverband und der Automobilclub ADAC.

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