Staatsministerin Böhmer warnt Vorsicht: Frauen wandern ab

Berlin (RP). Die Staatsministerin im Kanzleramt und Vorsitzende der CDU-Frauen-Union, Maria Böhmer, warnt vor der Abwanderung von Frauen. Es droht ein Männerüberschuss.

Alle Blicke richten sich nächstes Wochenende auf den SPD-Parteitag in Hamburg. Die CDU-Frauen tagen zugleich in Braunschweig. Fühlen Sie sich im Windschatten?

Böhmer Der parteiinterne Streit unseres Koalitionspartners kann uns nicht glücklich machen. Eine so wichtige Frage wie das Arbeitslosengeld I darf nicht unter wahltaktischen Gesichtspunkten behandelt werden. Die Frauen-Union der CDU blickt stattdessen auf ihrem Bundesdelegiertentag mit Angela Merkel nach vorn. Wir wollen mit der Bundeskanzlerin das Top-Thema "Demografischer Wandel" in den Blick nehmen und gestalten.

Die SPD argumentiert: Das Rüttgers-Modell zur Verlängerung der Arbeitslosengeld-I-Zahlung benachteilige vor allem Frauen wegen ihrer besonderen Erwerbsbiografien. Teilen Sie diese Kritik?

Böhmer Zunächst will ich festhalten: Für die Union hat jetzt die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung unter die bereits beschlossenen 3,9 Prozentpunkte Priorität. Mit der Senkung der Lohnnebenkosten haben wir Arbeitsplätze geschaffen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen, denn er kommt Frauen im hohen Maße zugute. Wir haben mit dem Rüttgers-Modell im Vergleich zur SPD grundsätzlich den gerechteren Ansatz, weil es bei der Versicherungsdauer ansetzt. Allerdings müssen wir bei Frauen auf eine entsprechende Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten achten.

Welche Botschaft sollte von Angela Merkels Kanzlerschaft für Frauen ausgehen?

Böhmer Frauen können alle Positionen erreichen und erfolgreich ausfüllen. Sie macht anderen Mut. Auch inhaltlich hat Angela Merkel die Weichen für Frauen neu gestellt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde enorm verbessert. Das neue Elterngeld, die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und haushaltsnahen Dienstleistungen sowie die zusätzlichen Betreuungsplätze für unter Dreijährige sind Ergebnisse, die den Frauen helfen, ihre berufliche Eigenständigkeit zu bewahren.

Viel mehr Frauen als Männer verlassen die neuen Bundesländer. Was bedeutet das für die Gesellschaft?

Böhmer Die Abwanderung gut ausgebildeter junger Frauen droht das soziale Gleichgewicht durcheinander zu bringen. Dann fehlen qualifizierte Fachkräfte, potenzielle Partnerinnen und Mütter. Frauen sind flexibler und wandern ab, wenn sie für sich keine Zukunft sehen. In strukturschwachen Regionen herrscht in der Altersklasse der 18- bis 29-Jährigen schon heute ein Männerüberschuss von 25 Prozent. Diese Situation verschärft den demografischen Wandel. Ganze Regionen verlieren den Anschluss. Das gilt übrigens nicht nur für die neuen Bundesländer, sondern zeichnet sich auch bereits in Regionen der alten Bundesländer ab.

Muss die Politik hier gegensteuern?

Böhmer Ja, ich halte es sogar für die größte Herausforderung der nächsten Jahre, Regionen und Städte im Wettbewerb um Familien und Fachkräfte konkurrenzfähig zu machen. Der Wandel von Abwanderungsregionen zu Zukunftsregionen ist möglich und muss aktiv vorangetrieben werden.

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