Bürgerentscheid Frankfurts umstrittener Oberbürgermeister Feldmann abgewählt

Frankfurt · Seit Langem steht Peter Feldmann in der Kritik. Jetzt muss er sein Amt im Rathaus abgeben. Mehr als 95 Prozent der Wähler stimmten gegen ihn.

Peter Feldmann, SPD-Oberbürgermeister von Frankfurt, ach Bekanntgabe seiner Abwahl im Römer

Peter Feldmann, SPD-Oberbürgermeister von Frankfurt, ach Bekanntgabe seiner Abwahl im Römer

Foto: dpa/Boris Roessler

Mit großer Mehrheit haben sich die Einwohner von Frankfurt am Main gegen ihren Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) gestellt. 95,1 Prozent der Wahlberechtigten stimmten bei einem Bürgerentscheid für die Absetzung des 64-Jährigen, teilte die Wahlbehörde der Mainmetropole am Abend in ihrem vorläufigen Endergebnis mit. Das als hohe Hürde geltende nötige Quorum von mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten wurde deutlich überschritten.

Insgesamt 508.182 Bürgerinnen und Bürger waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Damit die 30-Prozent-Hürde erreicht wird, mussten mindestens 152.455 von ihnen teilnehmen und für die Abwahl stimmen. 201.825 Menschen machten vom Stimmrecht Gebrauch. 104.317 Menschen stimmten per Brief ab, die Rücklaufquote betrug 91 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 41,9 Prozent. Für Feldmanns Abwahl hatte sich eine breite Koalition im Frankfurter Römer gebildet, inklusive seiner eigenen Partei, der SPD. Deren Vorsitzender Mike Josef sagte am Abend, die Bürger hätten den Ruf der Stadt wiederhergestellt. Ein Neuanfang sei nun möglich.

„Das Ergebnis ist nicht wie gewünscht“, sagte Feldmann in einer ersten Reaktion im Römer. Er wolle sich künftig als „einfacher Frankfurter Bürger“ weiterhin an politischen Debatten in der Stadt beteiligen. Sein Sprecher kündigte eine Pressekonferenz für den Nachmittag an. Der Wahlausschuss wird das endgültige Wahlergebnis am Freitag feststellen. Mit Ablauf des selben Tages scheidet der 64-Jährige aus dem Amt aus.

Feldmann steht seit Monaten wegen seiner mutmaßlichen Rolle in der Affäre um überhöhte Gehälter bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Kritik. Seit Oktober muss er sich in einem Prozess vor dem Landgericht wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme verantworten. Im März erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Demnach soll Feldmanns frühere Lebensgefährtin und spätere Ehefrau als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita zu viel Geld und einen Dienstwagen erhalten haben.

Die Anklage wirft dem 64-Jährigen vor, dass dieses Arbeitsverhältnis ab 2014 aufgrund seiner Stellung als Oberbürgermeister geschlossen worden sei. Im Wahlkampf 2018 soll die Frankfurter AWO Feldmann durch das Einwerben von Spenden unterstützt haben. Als Gegenleistung sei er mit der damaligen Verantwortlichen des Kreisverbands stillschweigend übereingekommen, die Interessen der AWO Frankfurt bei seiner Amtsführung „wohlwollend“ zu berücksichtigen. Die Verfahren gegen Feldmanns Ehefrau, von der er mittlerweile getrennt lebt, sowie gegen AWO-Verantwortliche wurden abgetrennt.

Feldmann wies die Vorwürfe stets zurück. In einer Einlassung , die sein Anwalt vor Gericht verlas, erklärte er, von den Vertragsdetails seiner späteren Ehefrau nichts gewusst zu haben.

Auch nach der Anklageerhebung sorgte Feldmann selbst mit seinen öffentlichen Auftritten für weitere Kritik. Es folgten Vorwürfe wegen sexistischer Äußerungen bei einem Flug ins spanische Sevilla zum Finale des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt in der Europa League im Mai sowie wegen seines als anmaßend empfundenen Verhaltens bei der anschließenden Siegesfeier der Eintracht.

Zudem sagte er in der von seinem Anwalt verlesenen Einlassung vor Gericht aus, dass er seine Frau nur wegen einer ungeplanten Schwangerschaft geheiratet habe. Er habe eigentlich eine Abtreibung der heute sechsjährigen Tochter gewollt. Für diese Äußerung und für die beiden Vorfälle im Fußballzusammenhang entschuldigte er sich inzwischen. Zum dritten Verhandlungstag am vergangenen Montag erschien Feldmann wegen einer Covid-Erkrankung nicht. Zudem ließ er mitteilen, wegen eines „psychischen Ausnahmezustands“ nicht verhandlungsfähig zu sein.

Politisch hatte Feldmann in Frankfurt zuletzt kaum noch Rückhalt. Angesichts der Affären und Fehltritte stellte sich im Sommer sogar seine eigene Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt gegen ihn. Im Juni wurde ein von der Koalition eingebrachter Misstrauensantrag in der Stadtverordnetenversammlung angenommen, im Juli wählte ihn das Gremium mit breiter Mehrheit ab. Eine einwöchige Frist, diese Entscheidung zu akzeptieren und den Bürgerentscheid zu verhindern, ließ er verstreichen. Feldmann war seit 2012 Oberbürgermeister von Frankfurt. 2018 wurde er wieder gewählt.

(juju/AFP/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort