Keine Lösung in Sicht Vorgehen gegen NPD: Parteien streiten

Berlin (rpo). Wie soll man den Umtrieben der rechtsextremen NPD Einhalt gebieten? Die demokratischen Parteien sind von einer schlüssigen Antwort weit entfernt. Innenminister Otto Schily (SPD) zeigte sich zwar offen für den Vorstoß der Union, Hetzreden auch im Parlament unter Strafe zu stellen. Andere Politiker von SPD und Grünen sind jedoch skeptisch.

Ähnlich umstritten ist eine Verschärfung des Demonstrationsrechts mit dem Ziel, Neonazi-Aufmärsche leichter zu unterbinden. Schilys Sprecher Rainer Lingenthal sagte, eine etwaige Strafverfolgung von volksverhetzenden Äußerungen im Parlament greife in die innere Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Beratungen ein. Insofern werde sich die Bundesregierung als Exekutive "vorsichtig, wenn überhaupt einbringen". Der Ministeriumssprecher verwies aber darauf, dass auch Schily Bundestagsabgeordneter sei.

Hintergrund ist der NPD-Eklat im sächsischen Landtag, bei dem rechtsextreme Abgeordnete den Holocaust relativiert hatten. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte sich zur Strafverfolgung außer Stande gesehen, weil Abgeordnete bei Parlamentsreden sehr weitgehende Meinungsfreiheit genießen. Nur verleumderische Beleidigungen dürfen sie nicht ungestraft äußern. Mehrere Unions-Politiker hatten deshalb gefordert, Möglichkeiten zur Strafverfolgung zu eröffnen. Nötig wäre wahrscheinlich eine Grundgesetzänderung.

Bei SPD und Grünen gibt es zu der Frage keine einheitliche Linie. SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte auf n-tv: "Wir haben noch keine abgeschlossene Meinungsbildung." Die Prüfung werde noch ein paar Tage dauern. Redefreiheit gehöre zum Parlament, doch dürfe man dort keine Verbrechen begehen. SPD-Fraktionsvizechef Ludwig Stiegler hält hingegen das geltende Recht für ausreichend, wie die "Netzeitung" meldete.

Bei den Grünen zeigte sich Innenexpertin Silke Stokar aufgeschlossen für eine Rechtsänderung. Fraktionsvizechef Hans-Christian Ströbele sagte, man werde die Frage prüfen. Allerdings habe er etwas gegen "Ad-hoc-Gesetzgebung". Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sprach klar von einer Schnapsidee der Union. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die NPD die Grundfesten unserer Verfassung erschüttert", erklärte er. FDP-Innenexperte Max Stadler meinte, man müsse eine entsprechende Einschränkung der Abgeordnetenrechte (Indemnität) vorurteilsfrei zu prüfen.

Cohn-Bendit spricht von "Kasperletheater" der NPD

Weiter umstritten ist auch die von Schily geplante Einschränkung des Versammlungsrechts, die die Union ebenfalls prinzipiell mitträgt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist dafür, bestimmte Orte für Versammlungen zu sperren, wie die "Stuttgarter Nachrichten" meldeten. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Hacker sagte hingegen der "Berliner Zeitung", eine Beschränkung des Demonstrationsrechts aus politischen Gründen sei verfassungsrechtlich unmöglich. Das Bundesjustizministerium ließ offen, ob es ebenfalls Bedenken gegen den Vorstoß hat. Man sei mit dem Innenministerium in "konstruktiven Gesprächen", sagte eine Sprecherin.

Der frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, forderte im Sender N24 einen Aufstand der Anständigen gegen rechts. Der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit bezeichnete den Zwischenfall in Dresden als "Kasperletheater" der NPD, das man nicht überbewerten solle.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort