Von umstrittener Firma aus Israel Bundeskriminalamt kaufte Spähsoftware Pegasus

Berlin · Das Bundeskriminalamt hat die umstrittene israelische Spionagesoftware Pegasus gekauft, mit dem Smartphones überwacht werden können. Die Beschaffung soll trotz Bedenken von Juristen in der Behörde und im Bundesinnenministerium erfolgt sein.

 Ist das Smartphone mit der Spionage-Software Pegasus befallen, können sämtliche Daten ausgelesen werden (Archivfoto).

Ist das Smartphone mit der Spionage-Software Pegasus befallen, können sämtliche Daten ausgelesen werden (Archivfoto).

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Dies sei bei einer Sitzung des Innenausschusses im Bundestag bestätigt worden, hieß es am Dienstag aus Parlamentskreisen. Der Deutsche Journalisten-Verband und Amnesty International übten massive Kritik.

Das BKA soll die Software des Unternehmens NSO Group Ende 2019 beschafft haben - dies berichteten am Dienstag „Zeit Online“, „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR unter Berufung auf gemeinsame Recherchen. Die Beschaffung sei trotz Bedenken von Juristen in der Behörde und im Bundesinnenministerium erfolgt.

Aus Parlamentskreisen hieß es am Dienstag, es gebe jetzt die Bestätigung, dass die umstrittene Software „in wenigen Fällen“ durch das BKA auch eingesetzt worden sei. Es sei aber noch unklar, ob die Software auch durch Nachrichtendienste genutzt wurde.

Mit Pegasus können sämtliche Daten von damit angegriffenen Mobiltelefonen ausgelesen werden. Außerdem ist die Software in der Lage, unbemerkt Kamera und Mikrofon des Gerätes anzuschalten. Das deutsche Recht erlaubt eine solche Überwachung jedoch nur in engen Grenzen, weswegen dem Bericht zufolge eine Pegasus-Version gekauft worden sein soll, die nicht alle Funktionen enthält. Jedoch sei unklar, wie sichergestellt wurde, dass die übrigen Funktionen abgeschaltet bleiben.

Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sprach von einem „Alptraum für den Rechtsstaat“. Er forderte von der Bundesregierung „vollständige Aufklärung“. Es müsse geklärt werden, wer „konkret die Verantwortung für den Kauf und den Einsatz der Spionage-Software trägt“.

„Wir wollen wissen, ob Journalistinnen und Journalisten ohne ihr Wissen ausgespäht wurden, ob ihre Quellen noch sicher sind“, erklärte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall. Er nannte das eigenmächtige Vorgehen des BKA „nicht nachvollziehbar“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) müsse nun „die Karten auf den Tisch legen“.

„Die Überwachungssoftware Pegasus der Firma NSO Group ist ein besonders mächtiges Spähwerkzeug“, erklärte Amnesty International. „Das Bundesverfassungsgericht hat dem Einsatz von Staatstrojanern aber enge Grenzen gesetzt.“ Die Organisation forderte „dringend Regeln für die öffentliche Beschaffung, die staatliche Stellen verpflichten, beim Ankauf auch die Menschenrechtsbilanz von Unternehmen zu berücksichtigen“.

Im Juli war durch die Recherchen eines internationalen Journalistenkonsortiums der umfassende Missbrauch der Software bekannt geworden. Hunderte Journalisten, Aktivisten und Oppositionelle weltweit wurden offenbar Opfer von Abhöraktionen. Geheimdienste und Polizeibehörden mehrerer Länder sollen demnach die von NSO angebotene Pegasus-Software verwendet haben, um Mobiltelefone der Betroffenen anzuzapfen.

(ahar/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort