Ratzmann verzichtet auf Kandidatur Von der Leyen feiert grünen Baby-Aussteiger

Berlin (RPO). Der Grünen-Politiker Volker Ratzmann hat sich für die Familie entschieden. Babyzeit anstatt Kampfkandidatur um den Parteivorsitz. "Ich habe mich dafür entschieden, dass mein Kind etwas von mir haben soll und umgekehrt", sagt er. Nicht nur die eigene Partei zollt ihm dafür Hochachtung. Auch Familienministerin Ursula von der Leyen lobt Ratzmann.

 Volker Ratzmann (r.) unterstützt Cem Özdemir.

Volker Ratzmann (r.) unterstützt Cem Özdemir.

Foto: AP, AP

Ratzmann erklärte am Donnerstag in Berlin seinen Verzicht auf eine Kampfkandidatur gegen Cem Özdemir um den Bundesvorsitz seiner Partei mit der anstehenden Geburt seines Kindes. Neben Respekt aus den eigenen Reihen erhielt der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auch Lob von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Ratzmann ist mit der Grünen-Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae liiert. Er begründete seinen Verzicht, der ihm "nicht leicht gefallen" sei, auch mit der erneuten Kandidatur Andreaes für den Bundestag im kommenden Jahr. Zwei als Berufspolitiker voll eingespannte Elternteile seien für ein kleines Kind nach ihrer Auffassung als Eltern nicht zumutbar, sagte Ratzmann vor Journalisten in Berlin.

Er werde sich aber damit nicht aus der Politik zurückziehen, sagte der 48-Jährige. Dabei bot der bisherige Özdemir-Konkurrent diesem ausdrücklich seine Unterstützung an. Er wolle außerdem auch Fraktionschef auf der Berliner Landesebene bleiben, sagte Ratzmann. Dies sei "gut mit einem Kind vereinbar".

"Ich respektiere die Ankündigung von Volker Ratzmann", erklärte dazu Özdemir. Er habe den politischen Wettbewerb um das Amt des Bundesvorsitzenden in den zurückliegenden Monaten als "außerordentlich fair und für unsere Partei insgesamt sehr fruchtbar empfunden". Der Rückzug aus der Kandidatur bedeute zudem keineswegs einen Rückzug Ratzmanns aus der vorderen Reihe der Politik. Die Bundesdelegiertenversammlung der Grünen soll am 14. November in Erfurt über den Parteivorsitz entscheiden. Als Co-Vorsitzende will erneut Claudia Roth antreten.

Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, bedauerte die Entscheidung Ratzmanns. "Für die Grünen ist es schade, dass sie nun nicht zwischen zwei hoch qualifizierten Kandidaten wählen können", sagte Trittin "Spiegel Online". Die Motive Ratzmanns seien aber "überaus respektabel".

Von der Leyen sagte dem Bayerischen Rundfunk, sie freue sich, dass Ratzmann Vater werde. "Ich freu' mich immer, wenn solche Dinge erzählt werden." Sie sehe in der Entscheidung auch einen Beleg für ihren Eindruck, dass die Deutschen pragmatischer werden im Umgang mit Kindern. Die Deutschen hätten gelernt, die richtige Frage zu stellen: "Nicht die Frage stellen, was nicht geht, sondern überlegen, wie geht's mit den Kindern."

Auch in den Zeitungen wird Ratzmanns Entscheidung kommentiert. "Was für ein toller Mann!", jubelt die Bildzeitung. Das Obermain-Tageblatt zollt ihm "Respekt für eine Entscheidung, die "so gar nicht ins gängige Politiker-Profil passen will".

(afp)
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