Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung ab 2019 möglich

Berlin · Die Zahl der Menschen ohne Job geht wegen der anhaltenden Konjunktur auch im kommenden Jahr weiter nach unten. Ein großes Problem bleibt die Langzeitarbeitslosigkeit, die sich zu verfestigen droht.

Arbeitsmarkt: Vollbeschäftigung ab 2019 möglich
Foto: Arbeitsagentur

Deutschland wird das Ziel der Vollbeschäftigung trotz seines boomenden Arbeitsmarktes verfehlen, wenn es nicht gelingt, die seit Jahren verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. Das sagten führende Arbeitsmarktforscher unserer Redaktion. "Solange die Langzeitarbeitslosigkeit nicht deutlich reduziert wird, bleibt das politische Ziel einer Arbeitslosenquote von unter drei Prozent eine Wunschvorstellung", sagte der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt. "Wenn das Ziel Vollbeschäftigung glaubhaft verfolgt werden soll, muss das Segment verhärteter Arbeitslosigkeit aufgebrochen werden", sagte auch Holger Schäfer, Experte am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Im Wahlkampf 2017 hatte die Union das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2025 Vollbeschäftigung zu erreichen. Sie versprach nichts, was nicht auch erreichbar wäre. Als Folge des seit acht Jahren dauernden Konjunkturaufschwungs sinkt die Arbeitslosigkeit weiter deutlich. Es wäre sogar möglich, das Vollbeschäftigungsziel früher als 2025 zu erreichen. Realistisch wäre ein solches Szenario schon ab 2019 oder 2020 - wenn die nächste Bundesregierung bereit wäre, mehr Geld, Personal und Know-how in den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit zu stecken, meinen die Experten.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, mahnte die Bundesregierung, mehr Geld in den Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit zu investieren. Jüngere Projekte hätten gezeigt, dass Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit nur mit intensiver Betreuung ins Berufsleben fänden. "Dafür muss die künftige Bundesregierung die Jobcenter aber finanziell besser ausstatten", sagte Scheele. Der BA-Chef verwies auf Modellprojekte in Duisburg und im Rhein-Neckar-Kreis. "Und wenn wir Geld bekämen, könnten wir sofort anfangen", sagte Scheele.

"In den vergangenen Jahren hat sich zunehmend ein verfestigter Kern der Arbeitslosigkeit herausgebildet, denn viele der Langzeitarbeitslosen weisen eine ungünstige Kombination von für den Wiedereinstieg in Beschäftigung bedeutsamen Eigenschaften auf", sagte Wirtschaftsweisen-Chef Schmidt. Arbeitslosigkeit konzentriere sich mittlerweile stark im Rechtskreis SGB II (Hartz IV), sagte auch IW-Forscher Schäfer. Von den insgesamt knapp 2,4 Millionen registrierten Arbeitslosen im November waren etwa die Hälfte Langzeitarbeitslose. Das bedeutet, sie haben in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21 Monate Hartz-IV-Leistungen bezogen.

Das Vollbeschäftigungsziel gilt als erreicht, wenn die Arbeitslosenquote von derzeit 5,3 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung unter eine gewisse Marke gesunken ist. Wie hoch diese Marke sein darf, daran scheiden sich die Geister. Schmidt, der Chef der Wirtschaftsweisen, sieht Vollbeschäftigung erreicht, wenn die Quote auf bundesweit drei bis vier Prozent gesunken ist. Sie liegt nicht bei null, denn kurze Phasen der Arbeitslosigkeit einer größeren Zahl von Arbeitnehmern gibt es wegen der vielen Jobwechsel in Deutschland immer - auch in einer Vollbeschäftigungssituation.

(mar/qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort