Zu niedrige Wahlbeteiligung Volksentscheid scheitert in Sachsen-Anhalt

Magdeburg (rpo). Den bundesweit einmaligen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Kindern aller Eltern sollte der Volksentscheid bringen. Doch an zu niederiger Beteiligung und entsprechend großem Desinteresse scheiterte die Initiative. Ziel war es, auch erwerbslosen Eltern die Betreuung zu garantieren.

Nur 26,4 Prozent der rund 2,1 Millionen Wahlberechtigten gaben am Sonntag ihre Stimme ab, wie Landeswahlleiter Paul Uwe Söker bei der Vorstellung des vorläufigen amtlichen Endergebnisses in Magdeburg mitteilte.

Mit Ja stimmten 331.913 Wähler und mit Nein 216.626 Stimmberechtigte. Für einen Erfolg des Referendums wären jedoch die Ja-Stimmen von mindestens einem Viertel aller Wähler, also 521.258, notwendig gewesen.Es war der erste Volksentscheid in der Geschichte Sachsen-Anhalts.

Hintergrund der Initiative

Bis März 2003 hatten alle Eltern einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Inzwischen gilt das nur noch für Familien, in denen Vater und Mutter berufstätig sind. Arbeitslose müssen ihre Kinder bereits nach fünf Stunden aus der Einrichtung abholen. Sie haben nur noch einen Anspruch auf Halbtagsbetreuung.

Die CDU/FDP-Koalition hatte die Kürzungen mit Verweis auf die knappen Kassen begründet. Allein in diesem Jahr stellt die Landesregierung rund 135 Millionen Euro für die Kinderbetreuung zur Verfügung. Auf der anderen Seite steht eine Gesamtverschuldung von 18 Milliarden Euro sowie eine jährliche Zinsbelastung von derzeit einer Milliarde Euro. Mit der neuen Regelung spare das Land 40 Millionen Euro pro Jahr.

Dagegen hatte das "Bündnis für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt" mobil gemacht und in einem Volksbegehren im vergangenen Sommer mehr als 260.000 Unterschriften von Wahlberechtigten gesammelt, die für die Rückkehr zum alten Gesetz votierten. Doch der Landtag lehnte den Gesetzentwurf des Bündnisses von Eltern, Gewerkschaften und Sozialverbänden zur garantierten Ganztagsbetreuung für alle Kinder ab, so dass der Volksentscheid notwendig wurde.

Reaktion des Ministerpräsidenten

Ministerpräsident Wolfgang Böhmer zeigte sich mit dem Ergebnis des Votums zufrieden. Die Diskussion über die Kinderbetreuung habe Zeichen gesetzt und gezeigt, "wofür der Einzelne in der Gesellschaft zuständig sein muss und wofür der Staat".

Dagegen äußerte sich Kai-Uwe Papenroth, einer der Sprecher der Volksinitiative, "persönlich enttäuscht" darüber, dass nicht einmal zwei von drei Wahlberechtigten die Chance wahrgenommen hätten, mit einem Volksentscheid über die Politik des Landes mitzubestimmen.

Für einen Erfolg der Volksinitiative muss laut Landesverfassung die Mehrheit derjenigen, die ihre Stimme abgegeben haben, mindestens jedoch ein Viertel der Wahlberechtigten für den Gesetzentwurf gestimmt haben. Insgesamt hatten 550.018 der 2.085.000 Wahlberechtigten zum Volksentscheid ihr Votum abgegeben. Davon stimmten 60,5 mit Ja und 39,5 Prozent mit Nein. Da der Volksentscheid scheiterte, bleibt es bei den derzeitigen Regelungen.

(ap)
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