Besuch der Verteidigungsministerin Ein Flug mit dem Simulator

Laage · Die neue Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) inspiziert die Truppe und verschafft sich bei der Luftwaffe einen ersten Eindruck vom fliegenden Gerät.

 Christine Lambrecht (SPD), Bundesverteidigungsministerin, gibt zum Abschluss ihres Besuchs beim Taktischen Luftwaffengeschwader 73 "Steinhoff" ein Pressestatement ab, hinter ihr stehen Eurofighter.

Christine Lambrecht (SPD), Bundesverteidigungsministerin, gibt zum Abschluss ihres Besuchs beim Taktischen Luftwaffengeschwader 73 "Steinhoff" ein Pressestatement ab, hinter ihr stehen Eurofighter.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Die Ministerin ist auf vorweihnachtlicher Inspektion. An Tag sieben auf ihrem neuen Posten als Verteidigungsministerin stoppte Christine Lambrecht beim Logistikbataillon 172 in Beelitz vor den Toren von Berlin. Logistik ist eine zentrale Schaltstelle, besonders für Großorganisationen wie die Bundeswehr, wo Material, Mensch, Gerät und Versorgung transportiert werden müssen. Und gerade auch in Pandemiezeiten, wie das Land zurzeit erfährt, wenn plötzlich Impfstoff fehlt. „Schönen Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich bin die Neue“, hatte sie sich dort eingeführt. An Tag neun seit Amtsübernahme sitzt Lambrecht in einem Airbus A400M, dem Truppentransporter der Bundeswehr. Kurzer Flug von Berlin zur Luftwaffe nach Laage bei Rostock. Links und rechts des Airbus mit der neuen Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK) an Bord sind Eurofighter aufgestiegen, die sie zum Zwecke der Demonstration abfangen. Die Kampfjets wackeln mit dem Heck. Ein Zeichen für: Bitte folgen! In diesem Fall ist es ein Gruß. Minuten später steht Lambrecht schon auf dem Boden der Tatsachen.

Womöglich sieht Lambrecht mit diesem Manöver schon einen der ersten Arbeitsaufträge heranfliegen. Die Truppe beklagt schon lange Mangelwirtschaft. Für Auslandseinsätze muss gerade beim fliegenden Gerät, Material regelrecht ausgeschlachtet werden, um es einsatzfähig zu bekommen oder zu halten. Es gibt bei der Luftwaffe zu viele Hubschrauber, die nicht fliegen. Bei der Marine zu viele U-Boote, die nicht tauchen. Und beim Heer zu viele Panzer, die nicht fahren. An diesem Freitag gleich besucht Lambrecht die Marine in Warnemünde.

Aber jetzt ist Lambrecht erst einmal beim Taktischen Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ in Rostock-Laage. „Ich bin gespannt, was mich hier erwartet“, sagt sie zur Begrüßung. Hier soll die Ministerin sehen, was Leistungsfähigkeit unter manchmal eingeschränkten Bedingungen heißt. Auch die Kampfjets der Truppe melden immer wieder Probleme. Und sie sind teils hochbetagt. Der Tornado ist ein Flugzeug, das noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammt. Ab 1980 führten es Deutschland, Großbritannien und Italien bei ihren Streitkräften ein. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Wir werden zu Beginn der 20. Legislaturperiode ein Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado beschaffen. Den Beschaffungs- und Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe Deutschlands werden wir sachlich und gewissenhaft begleiten.“

In Laage begrüßt Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz die neue Ministerin. Gerhartz, heute Generalleutnant, hat zu früheren Zeiten als einer der Sprecher im Verteidigungsministerium unter anderem den Afghanistan-Einsatz miterklärt, bei dem es ohne funktionierende Hubschrauber, Großraumtransporter, Truppentransporter, Aufklärungstornados und Kampfjets nicht gegangen wäre.

Lambrecht steht dann erst einmal im Kommandostand „Simulator“, dem „Herzstück unseres Verbandes“, wie ein Offizier sagt. Flugtraining für angehende und aktive Piloten. Der Ausbilder, ein Oberstleutnant, sagt: „Hier können wir alles manipulieren, ohne dass wir fliegen müssen.“ Das spart Geld und schont Material, in diesem Fall am Eurofighter, an dem hier ausgebildet wird. Ob schlechtes Wetter, Seitenwind, Nachtsicht, Ausfall eines Triebwerkes, Rettung mit dem Schleudersitz oder das Auftauchen eines feindlichen Flugzeuges – hier kann alles eingespielt werden. „Hier können wir uns die Welt so bauen, wie wir sie brauchen“, sagt der Trainer.

Das würde sich auch die neue Verteidigungsministerin Lambrecht wünschen. Aber so wird es nicht gehen. Lambrecht werden harte Entscheidungen ins Haus stehen. Schon bald wird sie die Karten auf den Tisch legen müssen: Welches Flugzeug kauft die Truppe als Nachfolge für den Tornado? Und wie hält es Deutschland dann mit der nuklearen Teilhabe in der Nato? Lambrecht ahnt: Regieren wie am Simulator wird da nicht funktionieren.

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