Verteidigungsausschuss Kritik an Scholz – FDP-Politiker verlassen Sitzung vorzeitig

Berlin · Die FDP fordert die Benennung eines Koordinators für Waffenlieferungen in die Ukraine. In der Sitzung des Verteidigungsausschusses steht Olaf Scholz am Freitag Rede und Antwort. Im Anschluss kommt deutliche Kritik aus der FDP an Scholz. Einige verlassen sogar vorzeitig den Saal.

 Bundeskanzler Olaf Scholz (l., SPD) verabschiedet sich von der Ausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses im Bundestag.

Bundeskanzler Olaf Scholz (l., SPD) verabschiedet sich von der Ausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) nach einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses im Bundestag.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Vor dem Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestags-Verteidigungsausschuss hat die FDP die Benennung eines Koordinators für Waffenlieferungen in die Ukraine gefordert. „Es muss eine Person geben, die das macht“, sagte die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) am Freitag vor der Sitzung in Berlin. Es gebe derzeit „eine Menge Missverständnisse“ innerhalb der Bundesregierung bei dem Thema. „Da, glaube ich, kann man noch das eine oder andere etwas geschmeidiger machen, damit die Waffen auch sehr schnell geliefert werden können.“

Die Bundesregierung hatte sich zwei Tage nach Kriegsbeginn entschieden, Waffen an die Ukraine für den Kampf gegen die russischen Angreifer zu liefern. Inzwischen genehmigt sie auch die Bereitstellung schwerer Waffen. Bisher gab sie grünes Licht für 50 ausgemusterte Gepard-Flugabwehrpanzer und sieben Panzerhaubitzen 2000 – schwere Artilleriegeschütze aus den Beständen der Bundeswehr. Der Bundesregierung liegen aber weitere Anträge der Industrie vor, über die seit Wochen nicht entschieden wird. So hat Rheinmetall angeboten, 88 gebrauchte, aber generalüberholte Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 und 100 Marder-Schützenpanzer zu liefern.

Die Zuständigkeiten für Rüstungsexporte sind in der Bundesregierung auf mehrere Ministerien verteilt. Für den Export von Rüstungsgütern der Industrie ist das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von Robert Habeck (Grüne) zuständig. Die Lieferung aus Bundeswehrbeständen verantwortet das Verteidigungsministerium von Christine Lambrecht (SPD). Das Auswärtige Amt von Annalena Baerbock (Grüne) ist auch beteiligt, weil es Einschätzungen zur Lage in den Zielländern abgibt.

Die letzte Entscheidung über heikle Rüstungsexporte trifft der Bundessicherheitsrat, dem mehrere Minister angehören und der von Kanzler Scholz geleitet wird. Er tagt geheim, die Entscheidungen über Waffenlieferungen können aber auch in einem sogenannten Umlaufverfahren von den Mitgliedern des Rats getroffen werden.

Scholz traf um kurz nach 8 Uhr im Ausschuss ein. Es ist das erste Mal, dass er den Verteidigungspolitikern der Bundestagsfraktionen Rede und Antwort steht. Nach der Sitzung haben FDP-Verteidigungspolitiker demonstrativ eine weitere Klärung offener Fragen bei Waffenlieferungen und in der Ukraine-Politik gefordert. Eine Gruppe um den verteidigungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Marcus Faber, habe die einstündige Sitzung am Freitag vorzeitig verlassen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Faber schrieb danach auf Twitter, Scholz habe eine Chance gehabt, sich im Ausschuss zur Ukraine zu erklären. „Leider wurden viele Antworten nicht gegeben. Ich hoffe, dass wir dies nachholen können“, so Faber. „Seine Zeitenwende ist absolut richtig. Sie bedarf einer zeitnahen Umsetzung.“

Fabers Aktion war nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP nicht in der FDP-Fraktion abgestimmt. Von anderer Stelle in der Fraktion hieß es gegenüber AFP, der Auftritt des Kanzlers sei „okay für die erste Runde“ gewesen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, schloss sich dem Auszug Fabers nicht an, sie blieb in der Sitzung.

Der Kanzler habe in der Sitzung angekündigt, bald ein weiteres Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu führen, wie Teilnehmer gegenüber AFP berichteten. Scholz habe betont, „dass das Ziel die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sein“ müsse und nicht ein „Stillstandsfrieden, bei dem besetzte Gebiete von Russland gehalten werden“. Der Kanzler habe zudem angeboten, dem Ausschuss regelmäßig für Fragen zur Verfügung zu stehen.

(jus/dpa/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort