Verfassungsrechtliche Bedenken Verlieren die Abgeordneten ihr Steuerprivileg?

Berlin (rpo). Die Abgeordneten im Deutschen Bundestag könnten einem Pressebericht zufolge bald gezwungen sein, ihre Aufwandsentschädigung zu versteuern. Der Bundesfinanzhof hat Zweifel, ob die bisherige Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Bisher wird den Abgeordneten eine steuerfreie Pauschale in Höhe von 3647 Euro gezahlt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe verfassungsrechtliche Zweifel an der geltenden Regelung, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Das Gericht erwäge, die steuerfreie Pauschale dem Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle vorzulegen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf einen ihr vorliegenden Beschluss des obersten deutschen Steuergerichts. Über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen dürfen nur die Karlsruher Richter entscheiden.

Die Kritik des Bundesfinanzhofs betrifft demnach eine Pauschale in Höhe von derzeit 3647 Euro monatlich (43.764 Euro jährlich), die die Abgeordneten zuzüglich zu ihren Diäten von derzeit 7009 Euro im Monat erhalten. Mit dieser Pauschale sollen alle Kosten abgedeckt sein, die durch das Mandat verursacht sind - darunter die doppelte Haushaltsführung zwischen Wahlkreis und Parlament, zusätzliche Büros und Bewirtungen. Andererseits ist es ihnen nicht möglich, einzelne Beträge steuerlich geltend zu machen. Kosten, die die Pauschale übersteigen, sind daher nicht abzugsfähig. Im Gegensatz zu anderen steuerpflichtigen Bürgern müssen die Abgeordneten also keine Rechnungen und Belege sammeln und einreichen.

Die Klage, die dem Verfahren zugrunde liegt, stammt dem Bericht zufolge von einem Hannoveraner Finanzrichter. Er sieht demnach in der Abgeordnetenpauschale eine nicht gerechtfertigte Privilegierung der Abgeordneten, die dadurch "ein Drittel ihres Einkommens steuerfrei beziehen". Der Richter klagt mit dem Ziel, eine solche Pauschale auch für seine Frau und sich selbst in Anspruch nehmen zu können. Er beruft sich dabei auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes und die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass "die Privilegierung des einen zugleich die Diskriminierung des anderen Steuerbürgers" sei.

Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, verteidigte in der Zeitung die steuerfreie Aufwandsentschädigung. Wer diese Regelung abschaffen wolle, solle "auch das Ende beachten". Beispielsweise müssten dann "Wahlkampfkosten bei gescheiterten Bundestagskandidaten als Werbungskosten anerkannt werden". Das würde bei der Vielzahl der Bewerber zu hohen Steuermindereinnahmen führen, sagte Poß weiter.

(afp)
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