BND-Äffäre Verhältnis zu den USA "in keinster Weise" belastet

Berlin/Washington · Berlin rechnet mit einer schnellen US-Stellungnahme zur Frage, ob man dem Bundestag geheime NSA-Spionagedaten zur Verfügung stellen darf. Kanzleramtschef Altmaier scheint daran nicht zu glauben. Und verweist auf völkerrechtlich verbindliche Abkommen mit den USA zum Geheimschutz.

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Foto: dpa, sja fdt

In der NSA/BND-Affäre bemüht sich die Bundesregierung, den Eindruck eines tiefen Zerwürfnisses mit den USA zu vermeiden. "Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist von einem großen Vertrauen geprägt", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin. Es gebe "nichts, was die deutsch-amerikanischen Beziehungen erschüttern wird. In keinster Weise".

Im Streit um die Offenlegung der Liste mit den vom Bundesnachrichtendienst (BND) abgelehnten NSA-Suchbegriffen machte die Bundesregierung klar, sie werde sich an das Völkerrecht wie auch an ihre Pflichten gegenüber dem Bundestag halten.

Der BND soll dem US-Geheimdienst NSA jahrelang geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Dazu wurden dem BND Dateien mit Suchbegriffen (Selektoren) übermittelt. Die Opposition verlangt Aufklärung, wer die Verantwortung für die Affäre trägt und wer was im Kanzleramt wusste.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte im ZDF über den Umgang mit der NSA-Suchwortliste: "Wir werden in den nächsten Tagen wissen, wie sich die amerikanische Regierung dazu verhält." Er verwies auf das Geheimschutzabkommen mit den USA, wonach die Daten "nicht ohne deren ausdrückliche Zustimmung weitergegeben werden dürfen". Dies sei völkerrechtlich verbindlich. Das Kanzleramt hat die BND-Aufsicht.

Die in der BND-Abhörstation im bayerischen Bad Aibling Anfang der Woche deaktivierte Datenbank mit NSA-Suchmerkmalen soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nicht gelöscht werden. Eine Überwachung der Internetkommunikation via Satellit in Krisengebieten für die NSA finde dort gegenwärtig nicht statt. Nachdem der BND verlangt hatte, die NSA müsse zu jedem Ziel, das sie in Bad Aibling ausspionieren wolle, eine Begründung liefern, hatte der US-Dienst vorerst auf die Überwachung verzichtet.

Betroffen sind knapp 5 Millionen NSA-Begriffe in den BND-Computern, die sich auf etwa 1,3 Millionen Ziele wie Personen, Institutionen oder Unternehmen beziehen. Die Selektoren können E-Mail-Adressen, Suchbegriffe oder andere Internet-Daten wie IP-Adressen sein. Über die Zahlen hatte kürzlich auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.

Die Überwachung mit BND-eigenen Suchbegriffen in Bad Aibling wird fortgesetzt. Dies gelte auch für das Abhören von Telefonaten und die Überwachung von Faxen im Auftrag der NSA, hieß es.

In einer Umfrage befürworten 70 Prozent eine stärkere Kontrolle der deutschen Geheimdienste. 20 Prozent finden, dass diese Dienste ausreichend kontrolliert werden, ergab die Umfrage von ARD/Infratest dimap. Eine Mehrheit (57 Prozent) fühlt sich durch die Regierung nicht ausreichend vor Überwachung durch Geheimdienste geschützt.

Der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Enthüller Edward Snowden sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", bei dem US-Geheimdienst finde eine funktionierende Kontrolle der Suchbegriffe nicht statt. Analysten könnten "jeden Selektor eingeben, ohne dafür im Vorfeld einen Genehmigungsprozess durchlaufen zu müssen". Eine Überprüfung finde in der Regel nur nachträglich und zufällig statt.

(dpa)
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