Verfassungsschutzbericht 2016 Mehr gewaltbereite Salafisten in Deutschland

Berlin · Der aktuelle Verfassungsschutzbericht zeichnet kein schönes Bild der Sicherheitslage in Deutschland. Zu rechnen sei mit neuen Terroranschlägen, Bedrohungen durch immer mehr gewaltbereite Salafisten, Rechts- und Linksextremisten sowie Cyber-Attacken aus Russland und China.

 Das Kanzleramt in Berlin (Archivbild).

Das Kanzleramt in Berlin (Archivbild).

Foto: dpa, tba axs

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt in seinem neuen Bericht vor einer Beeinflussung der Bundestagswahl durch russische Cyber-Attacken auf deutsche Parteien und Politiker. In der Folge müssten Opfer der "Ausspähung vertraulicher E-Mails oder sonstiger sensibler Daten jederzeit damit rechnen, dass brisante oder kompromittierende Sachverhalte publik gemacht werden", heißt es in dem von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2016.

"Wir müssen unsere Cyberabwehr auch darauf ausrichten, die Bundestagswahl als freie Wahl zu schützen", sagte Heiko Maas (SPD) unserer Redaktion. Der Justizminister warnte angesichts der Ergebnisse im Verfassungsschutzbericht vor Hackerangriffen auf die Wahl.

"Wir machen uns keine Illusionen darüber, dass die Vielfalt der Manipulationsmöglichkeiten im Netz auch im Bundestagswahlkampf genutzt werden können — sei es für gezielte Desinformationskampagnen, für die Verbreitung von Falschnachrichten oder sonstigen Einfluss auf die Debatten", sagte Maas. Anschläge könnten schon lange nicht mehr nur mit Sprengstoffgürteln begangen werden, sondern auch mit Bits und Bytes per Hackerangriff, mahnte der Bundesjustizminister.

Laut dem Verfassungsschutzbericht befürchten die Sicherheitsbehörden insgesamt eine weitere Zunahme von Cyber-Angriffen aus China und Russland. "Russland und China wurden mehrfach als Angreifer erkannt", heißt es. Die Nachhaltigkeit und Zielauswahl der zuletzt entdeckten Angriffe zeige "deutlich den Versuch, Politik und Bundesverwaltung strategisch auszuspionieren". Besonders im Visier stehen demnach das Auswärtige Amt, die deutschen Botschaften, das Bundesfinanz- und das Wirtschaftsministerium. Aber auch Kanzleramt und Bundeswehr seien zunehmend "im Fokus der Angreifer".

Die Sicherheitsbehörden verzeichnen zudem immer mehr Salafisten in Deutschland und halten neue islamistische Anschläge für möglich. Die Zahl der Salafisten sei von 8350 im Jahr 2015 auf aktuell 10.100 gestiegen, sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, am Dienstag. Vor allem durch den starken Zulauf bei dieser Gruppe, die einer besonders konservativen Strömung des Islam anhängt, ist die islamistische Szene insgesamt gewachsen.

"Wir müssen davon ausgehen, dass mit weiteren Anschlägen durch Einzeltäter oder durch Terrorkommandos auch in Deutschland gerechnet werden muss", sagte Maaßen. Innenminister de Maizière sagte, innerhalb der Szene gebe es eine Kräfteverschiebung hin zu einer gewaltorientierteren Richtung. Mit 680 gebe es so viele Gefährder wie nie zuvor.

Zu den Schwerpunkten des Berichts zählen zudem der Links- und Rechtsextremismus in Deutschland und die "Reichsbürger"-Szene. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet diese Bewegung seit November 2016. Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an und behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort.

In dem Bericht warnt der Verfassungsschutz vor einer steigenden Gewaltbereitschaft der "Reichsbürger". Das Bundesamt fordere in diesem Zusammenhang, dass Polizeibehörden leichter Auskünfte aus dem nationalen Waffenregister bekommen sollten, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bisher darf die Polizei Daten nur bei konkreten Ermittlungen und vor einer konkreten Maßnahme abfragen. Bei "Reichsbürgern" soll ihr das auch zur Abwehr abstrakter Gefahren möglich sein.

(oko/dpa)
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