Verfassungsschutz in Deutschland AfD verbreitet russische Narrative

Berlin · Russland versuche auf vielen Ebenen, das demokratische System in Deutschland zu destabilisieren. Der Verfassungsschutzpräsident warnt davor, dass in rechtsextremen Kreisen „Putins Lied gesungen wird“.

Verfassungsschutzbericht NRW 2022: Zahl politisch motivierter Straftaten gestiegen
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Die wichtigsten Zahlen aus dem NRW-Verfassungsschutzbericht 2022

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Der Verfassungsschutz nimmt die AfD wegen einer fortschreitenden Radikalisierung schärfer ins Visier. „Der Kurs dort steht nach rechts außen“, sagte Haldenwang am Montag in Berlin. „Bei der gründlichen Beobachtung des Verdachtsfalls Alternative für Deutschland als Gesamtpartei werden wir zu einem geeigneten Zeitpunkt zu einer neuen Bewertung kommen müssen.“ Haldenwang warf Teilen der AfD vor, als Handlanger des Kreml zu dienen: AfD-Vertreter verbreiteten russische Desinformation in Deutschland - mit dem Ziel, die liberale Demokratie zu destabilisieren.

Haldenwang äußerte sich beim Jahres-Symposium des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), bei dem es schwerpunktmäßig um den globalen Systemwettstreit zwischen europäischen Demokratien und autoritären Regierungen ging. Insbesondere Russland und China platzierten „gezielt Einflussnahme, Desinformation und Cyberangriffe, um unsere Demokratie zu schwächen“.

Der BfV-Präsident ließ bei der Veranstaltung wachsende Zweifel an der Verfassungstreue der AfD erkennen. Er verwies darauf, dass seine Behörde kürzlich bereits die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), als gesichert extremistisch und verfassungsfeindlich eingestuft habe.

„Umso schärfer müssen wir jeden Verdacht prüfen, dass auch in den Parlamenten - und damit im Blutkreislauf der Demokratie - extremistische Bestrebungen Platz nehmen können“, sagte Haldenwang mit Blick auf die Gesamtpartei AfD, die im Bundestag und in den meisten Landesparlamenten vertreten ist.

Der Verfassungsschützer fügte auf dem Symposium hinzu: „Wir werden nicht müde zu betonen, dass die Brandstifter und Stichwortgeber von Hass, Hetze und Extremismus von uns nach genauer Prüfung auch so benannt werden.“

Besorgt zeigte sich Haldenwang darüber, dass AfD-Bundestagsabgeordnete und deren Mitarbeiter Zugang zu sensiblen Informationen etwa im Geheimdienst- und Sicherheitsbereich haben. „Das halte ich für äußerst problematisch“, sagte Haldenwang. Er rief den Bundestag zu einer Diskussion darüber auf, wie „mit erwiesen extremistischen Personen“ im Parlament umzugehen sei. Zudem regte er eine stärkere Überprüfung von Mitarbeitern von Bundestagsabgeordneten an.

Haldenwang zeichnete auf dem Symposium das Bild eines Systemwettstreits, in dem autoritäre Staaten mit großem technischen und propagandistischen Aufwand demokratische Gesellschaften destabilisieren wollten. Im Falle Russlands gebe es eine „Wechselwirkung mit Milieus in Deutschland“, sagte er.

„Dabei wird Desinformation direkt an verschwörungsgläubige und extremistische Spektren an den politischen Rändern der Gesellschaft adressiert“, erläuterte der Behördenchef. „Dort wird sie aus eigener Motivation über eigene Kanäle aufgegriffen, weiterverbreitet und in der Wirkung verstärkt.“

In einem ARD-Interview nannte Haldenwang in diesem Zusammenhang ausdrücklich die AfD: „Indem aus Teilen dieser Partei heraus auch russische Narrative weitergegeben werden, weitergesteuert werden, trägt das dazu bei, dass Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann und auch in diesen Kreisen dann eben Putins Lied gesungen wird.“

So verbreiteten Teile der AfD etwa die Kreml-Darstellung, Russland habe sich durch den Angriff auf die Ukraine gegen den Westen schützen müssen. Es brauche dann „keine russischen Medien mehr, sondern auch deutsche Medien in diesem Umfeld übernehmen dann diese Narrative“, sagte der BfV-Präsident.

Eine besondere Gefahr von außen sieht Haldenwang in massiven Cyber-Angriffen aus China und Russland. Während es China vor allem um Zugang zu technischem Know-how in Deutschland gehe, bereite sich Russland auf direkte Cyber-Angriffe auch in Deutschland vor.

„Es besteht das erhöhe Risiko von Sabotagehandlungen“, sagte er. „Wir sehen Vorbereitungshandlungen, dass man versucht, die IT bestimmter Versorgungsunternehmen auszuspähen“, um später Angriffe starten zu können - etwa auf Kraftwerke, Wasserversorgung, Krankenhäuser und Verkehrsnetze.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz. (Symbolfoto)

Das Bundesamt für Verfassungsschutz. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Oliver Berg

Solche hybriden Bedrohungen zielten darauf ab, „das gesellschaftspolitische Gefüge eines Landes nachhaltig zu schwächen“, sagte der BfV-Chef. Es sei nun eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe, unsere wehrhafte Demokratie zu schützen“, mahnte er. „Autoritäre Ideen leben von demokratischer Schwäche.“

(albu/dpa/afp)
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