AfD wird teilweise überwacht Expertin warnt vor Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes

Berlin · Der Verfassungsschutz beobachtet rechtsnationale Teile der Partei, die Gesamtpartei nimmt er wegen menschenfeindlicher Aussagen genau ins Visier. Die AfD will nun dagegen klagen.

Nach fast einjähriger Prüfung hat das Bundesamt für Verfassungsschutz den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gegen Teile der AfD angekündigt. Die Partei selbst und insbesondere ihre Bundestags- und Landtagsabgeordneten bleiben davon jedoch vorerst verschont. Aber sie wurden zum offiziellen „Prüffall“ erhoben, weil den Verfassungsschützern „erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgerichtete Politik der AfD“ vorlägen. Die AfD hält das für „durchgehend nicht tragfähig“ und will dagegen klagen.

Das Bundesamt hatte eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet und das bis Oktober von den Landesämtern übermittelte Material gesichtet, auf fast 1100 Seiten analysiert und nun bewertet. Einzelne Landesämter hatten bereits zuvor mit der Beobachtung vor allem der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) in ihren Landesverbänden begonnen. Bei ihr liegen nun auch auf Bundesebene „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine extremistische Bestrebung handelt“, erklärte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.

Insbesondere sehen die Verfassungsschützer beim AfD-Nachwuchs eine „muslimfeindliche“ Haltung. In der Programmatik und in diversen Äußerungen von JA-Funktionären registrierten sie laut Haldenwang „Positionen, die die Menschenwürdegarantie eindeutig verletzen“. Auch die Sammlungsbewegung „Der Flügel“ um den thüringischen Landesverbandschef Björn Höcke kommt unter Beobachtung. Die offizielle Begründung lautet unter anderem: „Das propagierte Politikkonzept ist auf Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, insbesondere Muslimen, und politisch Andersdenkenden gerichtet.“

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) begrüßte die Entscheidung des Bundesamtes. „Jetzt muss die AfD entscheiden, wo sie seht: Auf dem Boden des Grundgesetzes oder mitten im braunen Sumpf“, sagte Reul unserer Redaktion.  Der NRW-Verfassungsschutz behandele den AfD-Landesverband künftig ebenfalls als Prüffall. Zudem will NRW auf der Grundlage des vom Bundesamt erstellten Gutachtens entscheiden, ob auch der JA-Landesverband vom Landesverfassungsschutz beobachtet wird.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz stellte sich hinter die Entscheidung Haldenwangs: „Vor allem den weiterhin bestehenden Verbindungen von Teilen der AfD ins rechtsextreme bis terroristische Spektrum muss ein hohes Gefahrenpotenzial beigemessen werden“, sagte von Notz.

„Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern um den Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, unterstrich die Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU).  Verbale Entgleisungen und Verstrickungen in das rechtsextremistische Milieu einzelner Mitglieder hätten die Beobachtung der AfD-Bundespartei zwar nicht rechtfertigen können. „Inzwischen haben sich die Informationen aber derart verdichtet, dass dies bei zwei Teilorganisationen der AfD anders bewertet wird und auch die Partei als Ganzes stärker in den Fokus rückt“, erläuterte die Innenexpertin. Unions-Justiziar Ansgar Heveling hob hervor: „Der Schutz unserer Verfassung ist es wert, dass hier genau hingeschaut wird.“

Für AfD-Fraktionschefin Alice Weidel wurde nun im Nachhinein klar, warum Hans-Georg Maaßen als Präsident des Bundesamtes seinen Hut nehmen musste: „Um den Weg frei zu machen, damit die AfD nun zum Prüffall erklärt werden kann“, vermutete die AfD-Politikerin. Parteichef Alexander Gauland erklärte: „Wir leben Gott sei Dank noch immer in einem Rechtsstaat und werden gegen diese Art von Verdachtsprüfung juristisch vorgehen.“

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