Kurzinterview zu Folgen der Corona-Krise Verdi-Chef Werneke: „Die Kreativwirtschaft braucht echte Zuschüsse“

Berlin · Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Franke Werneke, über die tiefe Krise der Kulturschaffenden und der Kreativwirtschaft. Die allerwenigsten der 1,7 Millionen Betroffenen hätten vor der Corona-Krise finanzielle Rücklagen bilden können.

 Frank Werneke, Chef der größten deutschen Gewerkschaft.

Frank Werneke, Chef der größten deutschen Gewerkschaft.

Foto: imago images/Florian Gaertner/photothek.net

Herr Werneke, wie besorgt sind Sie über den Fortbestand der Kulturwirtschaft?

Werneke Ohne massive Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Land droht uns ein gefährliches Sterben unserer kulturellen Vielfalt. Kunst und Kultur ist eine unverzichtbare Lebensader der Gesellschaft. Wenn sie versiegt, wenn kulturelle Einrichtungen in der Krise verloren gehen, wird es sehr schwer, sie danach wieder zum Leben zu erwecken.

Wie viele Kulturschaffende sind in ihrer Existenz bedroht?

Werneke Von den 1,7 Millionen Beschäftigten im Bereich der Kultur können die allerwenigsten finanzielle Rücklagen bilden – auch ohne Krise. Jetzt fallen auch noch Engagements und Aufträge aus. Vielen bleibt deshalb nur der als unwürdig empfundene Weg in die Grundsicherung.

Wie müsste der von Minister Altmaier angekündigte Nothilfefonds für besonders vom Shutdown betroffene Branchen ausgestaltet sein?

Werneke Bei den bislang von der Bundesregierung und den Ländern verabschiedeten Programmen handelt es sich im Schwerpunkt um verzinste Darlehen, die innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren zurückgezahlt werden sollen. Durch die Corona-Epidemie ist die Kreativwirtschaft in eine tiefe Krise geraten. Bis es wieder eng gefüllte Zuschauerränge geben kann, wird es leider noch geraume Zeit dauern. Deshalb sind jetzt echte Zuschüsse notwendig – die nicht zurückgezahlt werden müssen. Übrigens auch für die öffentlichen Kultureinrichtungen. Nothilfefonds müssen in erster Linie den Menschen helfen, deren Arbeitsplätze bedroht sind. Im Bereich Kunst und Kultur ist der Anteil derjenigen, die als Solo-Selbstständige tätig oder überwiegend auf Produktionsdauer beschäftigt sind, besonders hoch. Diese Gruppe fällt bei den aktuellen Hilfsmaßnahmen bisher weitestgehend durchs Raster, weil das eigene Einkommen bei den Soforthilfen der meisten Länder bisher nicht berücksichtigt wird. Da sind Nachbesserungen nötig.

Was fordert die Gewerkschaft Verdi generell, um den Anstieg der Arbeitslosenzahl zu bremsen?

Werneke Kurzarbeit verhindert bislang einen dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Aber die Regelungen müssen verbessert werden. Gerade im Kulturbereich sind viele niedrige Einkommen vorzufinden. Eine Erhöhung erst ab dem vierten Monat und dann auch nur auf 70 bzw. 77 Prozent geht an der Wirklichkeit vieler dieser Beschäftigten vorbei. Hier muss die gesetzliche Erhöhung des Kurzarbeitergeldes sehr viel deutlicher ausfallen.

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