Grüne will Kurzstreckenflüge abschaffen Massive Kritik von Union und FDP an Baerbocks Plänen

Berlin · Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, will die Abschaffung von Kurzstreckenflügen in Angriff nehmen. Massiver Widerstand kommt aus den Reihen der Union und der FDP.

 Annalena Baerbock (Archivbild).

Annalena Baerbock (Archivbild).

Foto: dpa/Patrick Pleul

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will im Falle einer Regierungsübernahme Flugreisen teurer machen und auf die komplette Abschaffung von Kurzstreckenflügen hinarbeiten. Durch eine "klimagerechte Besteuerung von Flügen" wolle sie Dumpingpreise stoppen, sagte Baerbock der "Bild am Sonntag". Sie finde es "nicht fair, dass mit unser aller Steuergeld das Kerosin subventioniert wird, während Fernfahrten mit der Bahn gerade zu Stoßzeiten teuer sind". Aus FDP und Union kam Kritik an dem Vorstoß.

Wer als Familie mit dem Zug reist, solle weniger zahlen als für die Kurzstrecke im Flugzeug, forderte Baerbock. Auch solle es Kurzstreckenflüge "perspektivisch" gar nicht mehr geben. Das erste Gesetz, das sie als Kanzlerin auf den Weg bringen würde, wäre "ein Klimaschutzsofortprogramm", sagte Baerbock. Auch würde sie eine Solaranlagenpflicht für Neubauten durchsetzen: "Künftig muss in Deutschland gelten, dass in der Regel nur noch mit Solardach neu gebaut wird."

Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) kritisierte die Pläne. "Es ist klar, dass der Flugverkehr seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss", sagte Lange den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Montagsausgaben). "Ein Verbot von Kurzstreckenflügen und massive Preiserhöhungen im Flugverkehr sind aber der falsche Ansatz." Flugreisen müssten "weiterhin für jeden finanzierbar" bleiben. Es wäre "unsozial, wenn der Flug in den Urlaub ein Privileg für Wohlhabende würde". Das sei mit der CDU/CSU nicht zu machen.Intelligenter wäre es aus seiner Sicht, in mehreren Stufen die Dekarbonisierung des Luftverkehrs mit der Nutzung CO2-armer Treibstoffe voranzutreiben. Mit grünem Kerosin ließen sich große Mengen an CO2 einsparen, erklärte der CSU-Politiker.

Lange sprach sich dafür aus, stattdessen "in mehreren Stufen die Dekarbonisierung des Luftverkehrs mit der Nutzung CO2-armer Treibstoffe voranzutreiben". Mit grünem Kerosin ließen sich große Mengen an CO2 einsparen, so der CSU-Politiker.

FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann nannte Baerbocks Vorschlag ein Beispiel für den "Verbotsfetisch" der Grünen. "Wir wollen kein Mikro-Management des täglichen Lebens durch Frau Baerbock", sagte Buschmann der "Saarbrücker Zeitung" (Montagsausgabe). Die Menschen und die Betriebe bräuchten auch in der Klimapolitik Spielräume und Flexibilität. "Besser wäre es, die CO2-Ausstoßmengen für Deutschland fest zu deckeln gemäß dem Pariser Klimaabkommen", sagte Buschmann. "Wie sie dann genutzt werden, können wir Angebot und Nachfrage überlassen."

Kritik kam auch von FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. "Das Ziel von Klimaschutzpolitik sollte sein, das Klima zu schützen", erklärte er am Sonntag. "Stattdessen legen die Grünen mal wieder den Fokus darauf, das Leben der Menschen zu verteuern, zu steuern und ihnen die Freude im Leben zu verbieten." Besser wäre ein Fokus auf klimaneutrale Zukunftstechnologien und den EU-Emissionshandel als Anreizsystem, so Theurer.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hat mit Kritik auf die Ankündigungen von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zum Flugverkehr reagiert. Baerbock stelle Behauptungen auf, die „unzutreffend“ seien und einem Faktencheck nicht standhielten, erklärte der Verband am Sonntag in einer dreiseitigen Stellungnahme. Die Grünen-Politikerin hatte zuvor im Interview mit der „Bild am Sonntag“ unter anderem angekündigt, Kurzstreckenflüge perspektivisch abschaffen zu wollen und für eine „klimagerechte Besteuerung von Flügen“ geworben.

Der Verband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hält derweil dagegen, dass eine zusätzliche Kerosinsteuer „keine Emissionen senken würde“. Eine solche Steuer würde den „Luftverkehr zu Lasten deutscher Unternehmen und Arbeitsplätze zu Standorten am Bosporus und im Nahen Osten verlagern“, heißt es in der Erklärung. Die aktuell geltende Luftverkehrsteuer sei „das geeignetere Bepreisungsinstrument“.

Außerdem hätten sich Steuern und Abgaben auf den Luftverkehr „in den vergangenen Jahren ständig erhöht“, ohne Dumpingpreise zu verhindern, argumentiert der Verband weiter. Die Bundesregierung müsse sich vielmehr für eine EU-Regulierung einsetzen, die Billigpreise verhindere. „Es sollte künftig EU-weit untersagt sein, Flugtickets zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren zu verkaufen“, heißt es in der Erklärung.

Auch am Vorschlag Baerbocks, Kurzstreckenflüge abzuschaffen, übte der Verband scharfe Kritik. Innerdeutsche Flüge seien „Teil einer internationalen Flugverbindung, bei der Reisende etwa von Hamburg über Frankfurt nach Bangkok fliegen“, erklärte der Verband. Ein Verbot solcher Verbindungen würde nur dazu führen, dass solche Umsteigerpassagiere für ihre Langstreckenverbindungen nicht mehr deutsche, sondern ausländische Luftverkehrsdrehkreuze nutzen würden, heißt es weiter. „Geflogen würde also trotzdem, nur nicht mit deutschen Fluggesellschaften und in vielen Fällen stattdessen sogar mit Umwegen.“

(felt/AFP)
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