Mehr Verkehr auf die Schiene Verbände fordern schnellere Reaktivierung von Bahnstrecken

Berlin · Laut Verkehrs- und Schienenverbänden könnten 277 Bahnstrecken in ganz Deutschland reaktiviert werden – auch zugunsten der Wirtschaft. Die Zwischenbilanz ist jedoch ernüchternd.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie der Interessenverband Allianz pro Schiene ziehen am Montag eine Zwischenbilanz zu den Bahnstrecken, die seit letztem Jahr reaktiviert wurden.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie der Interessenverband Allianz pro Schiene ziehen am Montag eine Zwischenbilanz zu den Bahnstrecken, die seit letztem Jahr reaktiviert wurden.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Das Interesse am Neun-Euro-Ticket hat gezeigt: Viele Menschen sind bereit, häufiger mit der Bahn zu fahren – wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Denn laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und dem Interessenverband Allianz pro Schiene haben zahlreiche Städte und Gemeinden nach wie vor keinen Zugang zum Bahnnetz. An Potenzial mangle es jedoch nicht. Am Montag präsentierten die Verbände in Berlin eine aktualisierte Liste an stillgelegten Schienenstrecken im deutschen Eisenbahnnetz, die wiederbelebt werden könnten.

„In praktisch allen Regionen Deutschlands gibt es Reaktivierungspotenzial“, sagte VDV-Geschäftsführer Eisenbahn, Martin Henke. Das bedeutet, dass der Personen- und Güterverkehr auf zuvor ungenutzten Gleisen wieder aufgenommen werden kann. Die Verbände schlagen eine Reaktivierung von 277 Strecken mit einer Länge von insgesamt 4573 Kilometern vor. Dadurch könnten allein 332 Städte und Gemeinden – und damit 3,4 Millionen Einwohner – wieder Anschluss an das Bahnnetz erhalten. Dafür müssten Gleis- und Bahnsteiganlagen gegebenenfalls modernisiert sowie Leit- und Sicherungstechnik erneuert werden. Für die Hälfte der Strecke, rund 2187 Kilometer, empfehlen die Verbände eine Elektrifizierung mit Oberleitungen.

Seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im vergangenen Jahr, in dem die Reaktivierung festgeschrieben wurde, sei jedoch kein einziger Kilometer in Deutschland wiederbelebt worden, so Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Das Problem: Es fehlt an Geld. Zum einen gebe es zu wenig Unterstützung des Bundes für die Länder beim Schienenpersonennahverkehr. Die Mittel, die hierfür zur Verfügung gestellt wurden, die sogenannten Regionalisierungsmittel, seien ausschließlich für Preismaßnahmen wie das Neun-Euro-Ticket verwendet worden. „Aber die Qualität und Menge des Angebotes, die müssen parallel auch ausgeweitet werden“, gab Flege zu bedenken.

Darüber hinaus gebe es laut den Verbänden keinerlei Finanzierung vom Bund für die Reaktivierung von Strecken, die für den Güterverkehr besonders wichtig seien. Denn: „Die Wirtschaft drängt mit aller Macht auf die Schiene“, wie Flege sagte. Deshalb müsse auch der Güterverkehr stärker in die Reaktivierung des Streckennetzes einbezogen werden – und zwar mit eigenem Budget.

Bei der Reaktivierung von Eisenbahnstrecken sehen die Verbände deshalb noch großen Handlungsbedarf für die Bundesregierung. Sie sind überzeugt: Sollten stillgelegte Strecken nicht schneller wieder ans Netz genommen werden, werde die Verkehrswende nicht gelingen.

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