Nachjustierungen angekündigt Biden lässt Europäer hoffen

Berlin/Brüssel · Wie die EU auf die Signale reagiert, die Frankreichs Präsident bei seinem Staatsbesuch in den USA empfing. Kann ein transatlantischer Handelskrieg doch noch abgewendet werden?

Emmanuel Macron und Joe Biden stoßen in Washingtoin beim Staatsbankett auf die französisch-amerikanische Partnerschaft an.

Emmanuel Macron und Joe Biden stoßen in Washingtoin beim Staatsbankett auf die französisch-amerikanische Partnerschaft an.

Foto: dpa/Andrew Harnik

Vergnügt und Arm in Arm präsentierten sich US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beim betont herzlich inszenierten Staatsbesuch des Europäers in Washington. In diesem Stil hielt Biden als Ergänzung zu einem Foto im Beste-Freunde-Format im Kurznachrichtendienst Twitter fest: „Wir räumen ziemlich gut auf.“ Tatsächlich gab es eine Menge aufzuräumen, hatte der Amerikaner mit seinem Inflationsminimierungspaket (IRA) viel transatlantisches Porzellan zerschlagen. Noch kurz vor der Begegnung charakterisierte Macron die mit 430 Milliarden Dollar ausgestattete Förderung von amerikanischer grüner Technik als gegen Europa wirkende Aggressivität. Das Ergebnis der Gespräche in Washington interpretierten Pariser Regierungsstellen nunmehr mit der Einschätzung, es seien große Fortschritte bei einer Abmilderung der Folgen für EU-Staaten erreicht worden.

Biden räumte „Macken“ in dem Gesetzespaket ein und zeigte sich bereit, an einigen Stellen „Nachjustierungen“ vorzunehmen. Mit diesen Änderungen würde es den Europäern leichter fallen, sich daran zu beteiligen, sagte Biden zu. Weil bislang US-Firmen in den Genuss der Subventionen kommen, sahen EU-Verantwortliche eine verheerende Sogwirkung. Europäische Firmen könnten dadurch noch mehr als unter den bisherigen Umständen günstiger Energiepreise in den USA veranlasst werden, die Standortentscheidung zugunsten Amerikas zu verändern. Dagegen steht bislang die Klimaförderung in der EU US-Firmen offen. Auch die Kaufprämie für Elektro-Fahrzeuge in Deutschland ist nicht auf europäische Marken begrenzt.

In Maßen hoffnungsvoll, insgesamt jedoch skeptisch fielen die ersten Reaktionen in Europa aus. „Für die deutsche Wirtschaft sind die angekündigten IRA-Nachbesserungen zwar ein kleiner Hoffnungsschimmer, die Gesamtsituation bleibt aber weiter kritisch“, sagte der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, unserer Redaktion. In der Energiekrise habe die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Europa massiv gelitten und damit auch die der international eng vernetzten deutschen Wirtschaft. „Auch die USA können angesichts der geopolitischen Gesamtsituation kein Interesse an einem Handelskonflikt mit der EU haben. Sie sollten daher EU-Unternehmen genauso wie die aus Kanada und Mexiko von Lokalisierungspflichten ausnehmen, damit wir transatlantisch unsere Lieferketten stärken können“, forderte der DIHK-Experte.

Die Empfehlung Treiers: „Die EU sollte hier geschlossen und entschlossen - notfalls auch robust - die Wirtschaftsinteressen verteidigen.“ Ein Überbietungswettbewerb an Subventionen, die gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstießen, seien „das Letzte, was die deutsche Wirtschaft jetzt gebrauchen kann“, warnte der DIHK-Geschäftsführer.

Ähnlich fielen die Reaktionen in Brüssel aus. „Nachdem die Amerikaner uns mit dem Inflation Reduction Act und Buy American einen k.o.-tauglichen Kinnhaken verpasst haben, wäre es nun mehr als angemessen, uns wieder deutlich entgegen zu kommen“, unterstrich der Chef der Unions-Europa-Abgeordneten, Daniel Caspary. „In Zeiten der russischen Aggressionen und Chinas Aufstieg brauchen wir transatlantische Partnerschaft und keine von den USA ausgehende transatlantische Rivalität“, sagte Caspary unserer Redaktion. Präsident Bidens Ankündigungen seien „eine Drehung in die richtige Richtung“. Man müsse nun aber „schauen, ob uns die USA nun auch tatsächlich mit ganz konkreten Schritten entgegenkommen“, erklärte der CDU-Politiker.

Inzwischen stellte der Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Senat, Bidens Parteifreund Ron Wyden, bereits klar, dass es bei dem Gesetzespaket um die Verknüpfung gegangen sei, die US-Elektroautoindustrie zu fördern, amerikanische Arbeitsplätze zu schaffen und den Klimawandel anzugehen. Er habe daher „nicht die Absicht, es noch einmal aufzuschnüren“. Wie weit Bidens Signale tragen, werden die Europäer bereits am Montag nachprüfen können, wenn der gemeinsame Handels- und Technologierat tagt. Im Vorfeld machte die EU-Kommission klar, sie erwarte, dass europäische Betriebe in den USA genauso behandelt werden wie amerikanische in Europa. Ansonsten würden die EU-Staaten Gegenmaßnahmen vorbereiten.

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