Neue EU-Kommissionschefin Von der Leyen will sich aus CDU-Parteispitze zurückziehen

Berlin · Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihre Ziele als neue EU-Kommissionschefin noch einmal bekräftigt. Außerdem kündigte sie an, sich aus der Führung der CDU zurückzuziehen.

  Ursula von der Leyen (CDU).

Ursula von der Leyen (CDU).

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

„Ich habe die Parteivorsitzende der CDU bereits informiert, dass ich das Amt als stellvertretende Parteivorsitzende ruhen lasse und beim nächsten Parteitag zur Verfügung stelle“, sagte von der Leyen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag).

Von der Leyen war am Dienstagabend im EU-Parlament mit einer Mehrheit von wenigen Stimmen gewählt worden und kann damit zum 1. November als erste Frau in der Geschichte der EU an die Spitze der Kommission rücken. Am Mittwoch übergab sie in Berlin ihr Amt als Verteidigungsministerin an CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag) sagte von der Leyen, dass sie auch im neuen Amt dem Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Berateraffäre zur Verfügung stehen werde. „Wenn ich vom Ausschuss eingeladen werde, werde ich selbstverständlich erscheinen“, sagte sie dem Blatt. Der Einsatz externer Fachleute bei Aufgaben wie IT-Projekten ist Thema des Untersuchungsausschusses. Berater haben unter Verteidigungsministerin von der Leyen einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet.

Den Umgang mit Asylbewerbern in der EU will die künftige EU-Kommissionspräsidentin reformieren. "Wir müssen Dublin reformieren, um mehr Fairness und Lastenverteilung zu erreichen", sagte die CDU-Politikerin in der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe). Nach dem Dublin-Verfahren müssen Asylbewerber in dem Land registriert werden, in dem sie die Europäische Union (EU) betreten. "Ich habe nie wirklich verstanden, warum Dublin mit der einfachen Gleichung begann: Wo ein Migrant zuerst europäischen Boden betritt, muss er oder sie bleiben", sagte von der Leyen. "Wir können nur dann stabile Außengrenzen haben, wenn wir den Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer Position auf der Karte dem größten Druck ausgesetzt sind, genügend Hilfe leisten", sagte sie weiter.

Die Ex-Verteidigungsministerin rief zu einem sachlichen Umgang mit der Migration auf: "Schluss mit dem Fingerzeigern, sehr pragmatisch arbeiten, Lösungen finden, die nicht allzu weit weg sind, aber leicht zu erreichen sind."

Ihre Haltung eines harten Kurses gegen Moskau bekräftigte die neue EU-Kommissionschefin indes. „Der Kreml verzeiht keine Schwäche. Aus einer Position der Stärke heraus sollten wir an den Russland-Sanktionen festhalten“, sagte von der Leyen in einem Interview der Zeitung „Die Welt“ (Freitag). Die Sanktionen hat die EU im Zuge des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängt.

Zugleich sagte die CDU-Politikerin, dass Russland auch Dialog angeboten werden müsse. In einem Glückwunschschreiben hatte Kremlchef Wladimir Putin ihr am Mittwoch eine Partnerschaft auf Augenhöhe und Dialog angeboten.

Im Streit über Rechtsstaatlichkeit und Grundwerte der Europäischen Union kritisierte von der Leyen den Umgang mit den östlichen EU-Staaten. „Es ist mir wichtig, die Debatten zu versachlichen“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). Der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD) mahnte von der Leyen, konsequent auf Rechtsstaatlichkeit zu achten. Gleichzeitig prangerte Roth erneut Gefahren für die unabhängige Justiz in Polen an.

Von der Leyen hatte vor ihrer Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin am Dienstag die Sicherung der Rechtsstaatlichkeit zur Priorität erklärt. Doch dann verhalf ihr die polnische Regierungspartei PiS nach eigenen Angaben zu ihrer knappen Mehrheit im EU-Parlament. Deshalb wird spekuliert, von der Leyen könnte nachgiebiger sein als die jetzige EU-Kommission, die gegen Polen wegen des Umbaus der Justiz vorgeht.

Von der Leyen sagte der „SZ“: „In den mittel- und osteuropäischen Ländern herrscht bei vielen das Gefühl, nicht voll akzeptiert zu sein. Wenn wir die Debatten so scharf führen, wie wir sie führen, trägt das auch dazu bei, dass Länder und Völker glauben, sie seien im Ganzen gemeint, wenn einzelne Defizite kritisiert werden.“ Sie fügte hinzu: „Wir alle müssen lernen, dass volle Rechtsstaatlichkeit immer unser Ziel ist, aber keiner ist perfekt.“ Finanzielle Sanktionen kämen nur als das „allerallerletzte Mittel nach vielen Stufen, die vorher kommen“ infrage.

Die jetzige EU-Kommission hatte nicht nur ein Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags gegen Polen gestartet - dieses gilt als die schärfste Waffe bei Verstößen gegen EU-Grundwerte und kann theoretisch zum Entzug von Stimmrechten im Rat der EU-Länder führen. Die Brüsseler Behörde hatte zudem vorgeschlagen, die Auszahlung von EU-Geldern künftig an die Einhaltung von Rechtsstaatsstandards zu koppeln. Deutschland unterstützt dies nach Roths Worten. Auch Finnland, das derzeit den Vorsitz der EU-Länder führt, ist das besonders wichtig, wie Europaministerin Tytti Tuppurainen sagte.

(zim/dpa/reuters)
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