Kiritik an der Verteidigungsministerin Unmut über schneidige von der Leyen

Berlin · Die Verteidigungsministerin hat einen schweren Stand. Die SPD macht sich lustig über sie. Und in den eigenen Reihen bekommt sie Kritik für ihre schneidigen Äußerungen zum Thema Waffenlieferungen an die Kurden im Irak.

 In der Kritik: Ursula von der Leyen.

In der Kritik: Ursula von der Leyen.

Foto: DPA

Sigmar Gabriel ist als SPD-Parteichef in den eigenen Reihen so anerkannt, weil er es wie kein anderer versteht, die Stimmung der Genossen aufzunehmen. So machte er sich in der Sondersitzung der Fraktion an diesem Montag, als es um die Waffenlieferungen an den Irak ging, über die Verteidigungsministerin lustig. Gegen sie hatte sich viel Unmut angestaut.

Ursula von der Leyen war für die SPD schon immer ein rotes Tuch. Erst als Familien-, dann als Arbeitsministerin machte sie den Genossen ausgerechnet mit großbürgerlicher Attitüde deren ureigenen Themen streitig. Im neuen Amt als Verteidigungsministerin fremdeln die Sozialdemokraten mit ihrer Inszenierung in der Rolle der Verteidigungsministerin und auch mit ihrer Betonung des Militärischen.

Aktuell regen sich nicht nur die Genossen über einen Satz der Ministerin auf, den sie am 21. August in einem Interview mit der "Zeit" sagte. Zu diesem Zeitpunkt war die grundsätzliche Entscheidung der Bundesregierung für Waffenlieferungen an die Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz IS bereits gefallen. Die Ministerin erklärte: "Wichtiger als die Frage, ob und welche Waffe wir am Ende liefern, ist die Bereitschaft, Tabus beiseitezulegen und offen zu diskutieren."

Auch in der Union gibt es Kritik an der Haltung, die hinter dieser Äußerung steht - wenn auch nicht offen. Da weist einer hinter vorgehaltener Hand darauf hin, dass man die Verteidigungspolitik nicht wie einst die Familienpolitik mit Tabubrüchen umkrempeln könne. CSU-Chef Horst Seehofer soll am Sonntagabend in der entscheidenden Ministerrunde zu den Waffenlieferung auch Kritik an der Tabu-Formulierung geübt haben. Das sei nicht Linie der Union, sagte er laut "Süddeutscher Zeitung".

In der Sondersitzung der SPD-Fraktion beklagten sich die Abgeordneten über die Sprachwahl der Ministerin. Etliche taten sich mit der Entscheidung schwer, dem Entschließungsantrag zuzustimmen, der die Waffenlieferungen unterstützt. Umso weniger wollten sie sich von der CDU-Ministerin vorschreiben lassen, dass sie Tabus zu beseitigen hätten.

SPD-Chef Gabriel lockerte die Stimmung, indem er sich über Fotos lustig machte, die vor dem Start der ersten Transallmaschinen mit Hilfsgütern von Deutschland in den Nordirak entstanden waren. Darauf ist die Ministerin mit erhobenem Haupt vor wolkigem Himmel zu sehen, im Hintergrund der Flieger. Gabriel sagte nach Aussagen von Teilnehmern, von der Leyen würde auch noch im Kopierraum ihres Ministeriums den Kopf recken. Der SPD-Chef erntete Gelächter. Die Verteidigungsministerin hat einen schweren Stand. Ansonsten würde der Vizekanzler solche parodistischen Einlagen in einer Fraktionssitzung nicht wagen.

Von der Leyen war bislang in allen Ämtern als Ministerin ein Aktivposten in der Regierung, beliebt im Volk, präsent in Talkshows. Das neue Amt gilt auch als Bewährungsprobe für eine mögliche Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Frage ist: Kann von der Leyen auch internationales Parkett und Diplomatie. Auf internationalem Parkett bewegt sie sich mit ihren fließenden Sprachfähigkeiten in Englisch und Französisch wie ein Fisch im Wasser. Mit diplomatischem Geschick profilierte sie sich weniger, beziehungsweise sie opferte es im Wettstreit mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) um die Schlagzeilen. Steinmeier hingegen blieb sich treu und ärgerte sich über die forsche Kollegin.

Von der Leyen agiert aus einer Defensiv-Position. Merkel und Steinmeier sind international viel besser verdrahtet und haben trotz der Parteigrenzen ein tiefes Vertrauensverhältnis. Damit ist von der Leyen in der Außenpolitik das fünfte Rad am Wagen. Ob ihr Konzept aufgeht, ihre Position mit Schneid zu verbessern, bleibt abzuwarten.

Bislang eckt sie eher an. Wo andere abwägen und Worte wählen, äußert sich von der Leyen lieber klar. Ihre Ansprache bei der Münchner Sicherheitskonferenz, als sie für mehr Engagement Deutschlands plädierte und erklärte, "Gleichgültigkeit" sei für ein Land wie Deutschland "keine Option", wurde noch als mutiger Einstand gesehen. Ihrer Forderung, Tabus zu beseitigen, schloss sich niemand an.

Kritik bekam sie jüngst auch für eine scherzhafte Äußerung, dass Deutschland zur nächsten Fußball- WM, die in Russland stattfinden soll, "schießendes Personal" schicken werde. In Friedenszeiten hätte sich wohl niemand darüber aufgeregt. In Krisenzeiten ist Bedachtsamkeit gefragt.

(qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort