Nach Merzrücktritt Unionspolitiker verlangen Mannschaftsspiel

Berlin (rpo). In ihrem Reformstreit haben Politiker von CDU und CSU nach dem angekündigten Rückzug von Fraktionsvize Friedrich Merz zur Geschlossenheit gemahnt. Die Schwesterparteien könnten nur erfolgreich sein, wenn das "Mannschaftsspiel" stimme, sagte der Leiter der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff forderte alle Beteiligten auf, mehr an die Verantwortung für das Land zu denken, dann an die Partei "und erst ganz am Ende" an eigene Interessen".

Wenn diese Reihenfolge gewahrt würde, "dann wären wir entscheidend weiter in der Diskussion, sagte der CDU-Politiker der "Leipziger Volkszeitung". Die Union leide darunter, dass komplizierte Sachfragen zu stark personalisiert würden. Wulff rief dazu auf, über einen Systemwechsel im Gesundheitswesen losgelöst von Personen und Ambitionen zu diskutieren.

CDU und CSU haben bislang nicht vermocht, ihre widerstreitenden Konzepte von Kopfpauschale oder einkommensabhängigen Beiträgen zur Krankenversicherung zusammenzuführen; eine für diese Woche geplante Expertenrunde wurde auf Ende nächster Woche verschoben.

Den angekündigten Rückzug des Finanzexperten Merz aus CDU-Präsidium und Fraktionsführung nannte Wulff eine "überlegte Entscheidung", die man respektieren, aber nicht interpretieren müsse. Huber nannte es bedauerlich, dass der "brillante Kopf" sein Tätigkeitsfeld verändern und sich aus der Führung zurückziehen wolle. Die Benennung eines Nachfolgers stehe allein der Schwesterpartei zu. Die CSU erhebe keinen Anspruch auf einen weiteren Stellvertreterposten in der Bundestagsfraktion.

Rasche Einigung über Gesundheitsreform gefordert

Der Merz-Rücktritt könne nicht CDU-Chefin Angela Merkel angelastet werden, sagte der CSU-Politiker: "Ich sehe in keiner Weise, dass man das gegen Frau Merkel auslegen darf oder kann." Zu Auswirkungen auf Personalentscheidungen wollte sich Huber nicht äußern: "Die Kanzlerkandidatur entscheiden wir zu Beginn des Jahres 2006."

Der Staatskanzleichef räumte ein, dass es auch in der Union "Individuen gibt, die den Solotanz aufführen". Zerstrittenheit könne man der Union allenfalls in Detailfragen vorwerfen: "CDU und CSU sind Schwesterparteien in geschlossener Kampfgemeinschaft, wenn es gegen die anderen geht."

Der schleswig-holsteinische CDU-Landesvorsitzende Peter Harry Carstensen rief dazu auf, den Streit um die Gesundheitspolitik rasch beizulegen. "Ich erwarte, dass sich CDU und CSU auch im Hinblick auf zwei wichtige Landtagswahlen nächstes Jahr sehr schnell einigen, statt diese Diskussion mit harten Bandagen fortzuführen", sagte Carstensen der "Berliner Zeitung". In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stehen im kommenden Jahr Landtagswahlen an.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort