Kritik gebremst Union will Wahlanalyse weiter verschieben

Berlin (rpo). Getreu den Wünschen der designierten Kanzlerin Angela Merkel wollen auch andere führende CDU-Politiker die Debatte über den Wahlkampf der Union und die Analyse des Wahlergebnisses verschieben. Daran war auf dem Deutschlandtag der Jungen Union deutliche Kritik laut geworden.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) lehnte es ab, vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit einer parteiinternen Analyse des schlechten Wahlergebnisses der Union zu beginnen. Der stellvertretende Vorsitzende der Christdemokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) im Bundestag, Gerald Weiß, warnte am Montag vor einer rückwärtsgewandten Debatte, äußerte jedoch auch Kritik am Wahlkampf. Der frühere Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) mahnte zur Zurückhaltung.

Rüttgers sagte: "Ich halte es für falsch, jetzt die Wahlanalyse zu machen." Richtig sei, sich jetzt auf die Koalitionsverhandlungen zu konzentrieren. Es gehe nun darum, dass das Land schnell eine neue, stabile Regierung für vier Jahre bekomme.

Weiß warnte, eine Debatte über die angebliche soziale Kälte der Union werde sich als kontraproduktiv erweisen. Die Union müsse im Regierungshandeln beweisen, dass sie für die soziale Marktwirtschaft stehe. "Wir dürfen nicht den Anschein einer Arbeitsteilung erwecken, wo die SPD für das Soziale und wir für die Wirtschaftspolitik stehen", sagte der stellvertretende CDA-Chef. "Das Wichtigste ist jetzt, dass wir die richtigen Ziele für die Regierung festlegen".

"Folgerungen aus diesen Schwächen ziehen"

Zugleich wies Weiß jedoch auf Schwächen im Wahlkampf hin. Die Ankündigung der Mehrwertsteuererhöhung und der Streichung von Steuervergünstigungen seien nicht richtig kommuniziert worden.

Außerdem habe die Union es versäumt, sozialpolitisch wichtige Beschlüsse beispielsweise zur Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen ins Wahlprogramm aufzunehmen. "Wir müssen Folgerungen aus diesen Schwächen ziehen", forderte Weiß. "35,2 Prozent sind zu wenig, wir können strukturell weit mehr erreichen", sagte er mit Blick auf das Wahlergebnis.

Bohl forderte seine Parteikollegen auf, sich zurückzunehmen. "Ich plädiere für eine fundierte Aussprache nach der Regierungsbildung", sagte er. Aktuell sollten sich Unions-Politiker eher zurückhalten. "Einzelne Bemerkungen sind noch in Ordnung. Die Menge macht das Gift", sagte Bohl.

(afp)
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