Nach Überfall in U-Bahn-Station Union will härtere Strafen für Schläger

Berlin/Köln (RPO). Der brutale Überfall in der Berliner U-Bahn-Station und die Freilassung der mutmaßlichen Täter sorgen in der Politik für Diskussionen. Die Union fordert eine Anhebung des Strafmaßes und die Einführung eines Warnschuss-Arrests. Das Justizministerium will noch vor Pfingsten eigene Pläne vorstellen. Die Grünen halten solche Schritte für überflüssig und verweisen auf ein Vollzugsdefizit.

Nach Überfall in U-Bahn-Station: Union will härtere Strafen für Schläger
Foto: dapd, dapd

Vor dem Hintergrund des jüngsten U-Bahn-Überfallshat die Unionsfraktion ihre Forderung nach höheren Strafen für Heranwachsende und die Einführung eines Warnschuss-Arrests bekräftigt. "Wir müssen bei den unter 21-jährigen Straftätern an zwei Stellen nachbessern", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Günter Krings dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Wir brauchen höhere Freiheitsstrafen für Heranwachsende, jedenfalls bei Morddelikten." In der Diskussion ist eine Anhebung von zehn auf 15 Jahre.

"Noch wichtiger ist aber, dass wir den so genannten Warnschuss-Arrest einführen, um kriminelle Karrieren schon frühzeitiger zu stoppen - also zu einem Zeitpunkt, zu dem jetzt nur eine Bewährungsstrafe ausgesprochen wird. Hier bekäme ein Jugendlicher schon mal einen Vorgeschmack auf den Knast. Zugleich würde dort intensiv mit ihm gearbeitet." Bewährungsstrafen würden von Heranwachsenden oft gar nicht ernst genommen, fügte der CDU-Politiker hinzu.

Das Bundesjustizministerium habe überdies schon vor dem Zwischenfall im U-Bahnhof Berlin-Friedrichstraße zugesagt, einen entsprechenden Vorschlag machen zu wollen. "Ich gehe davon aus, dass hier bis Pfingsten etwas Brauchbares kommt. Dieser traurige neue Fall führt noch einmal die Dringlichkeit des Vorhabens vor Augen." Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums bestätigte gegenüber der Zeitung: "Hier wird etwas kommen. Pfingsten ist angepeilt."

Ströbele: "Absoluter Blödsinn"

Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele wies die Forderung nach Strafverschärfungen im "Kölner Stadt-Anzeiger" als "absoluten Blödsinn" zurück, "schon weil die heute bereits möglichen Höchststrafen in aller Regel überhaupt nicht ausgeschöpft werden". Auch ein Warnschuss-Arrest, so Ströbele, hätte den aktuellen Zwischenfall nicht verhindert, weil der Haupttäter vorher gar nicht in Erscheinung getreten sei. Konservative Politiker "spielen hier in unzulässiger Weise mit der Angst der Leute".

Der Grünen-Politiker forderte stattdessen, in U- und S-Bahnen vor allem in den Nachtstunden mehr Personal einzusetzen. Kameras seien zwar nützlich, wenn man die Täter feststellen wolle. Aber sie verhinderten die Taten nicht. Mit Blick auf die Schläger in Berlin-Friedrichstraße könne man "nur hoffen, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Es müsse rasch einen Prozess geben."

Verdächtige auf freiem Fuß

Nach dem brutalen Überfall auf einen 29-Jährigen auf dem U-Bahnhof Berlin-Friedrichstraße sind die beiden Tatverdächtigen unterdessen wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Der 18-jährige mutmaßliche Haupttäter habe einen Haftbefehl wegen versuchten Totschlags mit Haftverschonung erhalten, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Der zweite, gleichaltrige Tatverdächtige sei wegen gefährlicher Körperverletzung vernommen und ebenfalls auf freien Fuß gesetzt worden.

Beide waren zunächst geflüchtet, hatten sich dann aber der Polizei gestellt und die Tat gestanden. Der mutmaßliche Haupttäter hatte das 29-jährige Opfer am Samstag auf dem U-Bahnhof brutal angegriffen und misshandelt. Der Mann wurde verprügelt und bis zur Bewusstlosigkeit getreten.

Nach Medienberichten wurde das Opfer trotz eines Schädel-Hirn-Traumas am Montag aus dem Krankenhaus entlassen. Der Handwerker bleibe jedoch unter ständiger Beobachtung, da die Ärzte Komplikationen nicht ausschließen würden, hieß es. Die Polizei konnte das jedoch nicht bestätigen. Die Mutter des verletzten Opfers soll entsetzt darüber sein, dass die mutmaßlichen Täter bereits wieder auf freiem Fuß sind.

Haupttatverdächtiger war in "aggressiver Stimmung"

Nach Polizeiangaben sind die Gründe für die Haftverschonung des mutmaßlichen Haupttäters unter anderem das Alter des Jugendlichen und dass er bisher noch nicht polizeilich aufgefallen sei. Der junge Mann muss sich dreimal in der Woche auf seinem zuständigen Polizeiabschnitt melden. Als Motiv gab er an, "in einer aggressiven Stimmung gewesen zu sein und nach Streit gesucht zu haben". Zudem sei er zur Tatzeit betrunken gewesen.

Gegen den zweiten Tatverdächtigen, der wegen gefährlicher Körperverletzung vernommen wurde, wurde den Angaben zufolge kein Haftbefehl erlassen. Er hatte einem 21-jährigen Zeugen in den Rücken getreten, der bei der Prügelattacke mutig eingeschritten war. Eine Überwachungskamera hatte den Übergriff aufgezeichnet.

Immer wieder brutale Übergriffe

Ebenfalls am Samstag hatten vier bislang unbekannte Täter einen Mann in der Straße der Pariser Kommune in Friedrichshain bewusstlos geprügelt. Zeugen alarmierten die Bundespolizei im Ostbahnhof. Die vier flüchteten jedoch unerkannt. Der Verletzte, der das Bewusstsein wiedererlangt hatte, kam mit Kopfverletzungen in eine Klinik.

In den vergangenen Monaten war es wiederholt zu brutalen Übergriffen insbesondere auf Bahnhöfen der Hauptstadt gekommen. Bei einem Überfall auf zwei Maler am U-Bahnhof Lichtenberg war Mitte Februar ein 30-Jähriger ins Koma geprügelt worden. Eine weitere Attacke gab es unter anderem auf dem U-Bahnhof Kurfürstendamm, wo ein 23-Jähriger von sieben Tätern mit einem Schlagstock schwer verletzt wurde. Angesichts dieser Fälle wird in der Stadt schon länger über die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr debattiert.

(apd/epd/ndi)
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