Merkel-Kritik Union verstimmt über Gauck

Berlin · Dass er ihr unangenehm werden könnte, hat Angela Merkel gewusst – deshalb hat sie ihn ja auch lange Zeit als Bundespräsident verhindert. Am Sonntag traf Joachim Gaucks Kritik die Bundeskanzlerin zum ersten Mal persönlich. In der Union rumort es seither.

Joachim Gauck wird allen gerecht, die in ihm einen unbequemen Präsidenten erwarteten.

Joachim Gauck wird allen gerecht, die in ihm einen unbequemen Präsidenten erwarteten.

Foto: dpa, Hannibal Hanschke

Dass er ihr unangenehm werden könnte, hat Angela Merkel gewusst — deshalb hat sie ihn ja auch lange Zeit als Bundespräsident verhindert. Am Sonntag traf Joachim Gaucks Kritik die Bundeskanzlerin zum ersten Mal persönlich. In der Union rumort es seither.

Es liege in der Verantwortung vieler, den Bürgern Ursachen und Folgen der Euro-Rettung zu erklären, versuchte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe seine Kanzlerin aus dem Schussfeld zu nehmen. Merkel selbst wollte am Montag nicht zu den kritischen Worten des Bundespräsidenten im ZDF-Sommerinterview am Sonntag Stellung nehmen.

Es war nur ein einziger Satz in einem längeren offenen und launigen Gespräch mit Bettina Schausten, doch der hatte es in sich: "Sie hat nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet", forderte Gauck die Kanzlerin auf, Chancen und Risiken des Euro-Rettungsschirms ESM besser zu erklären. Er stellte auch klar, dass dies nicht seine Aufgabe sei. "Ich bin keine Ersatzregierung", sagte Gauck auf die Frage, ob er sich nicht selbst stärker einmischen sollte.

"Ich muss die Bundeskanzlerin in Schutz nehmen", sagte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, der in der Unionsfraktion eigentlich einer der schärfsten Kritiker von Merkels Kurs in der Euro-Krise ist. "Gerade in den letzten Monaten hat sich die Kanzlerin verstärkt darum bemüht, die Rettungsmanöver nicht nur in nüchternen Daten und Zahlen zu erklären, sondern sie auch in den europapolitischen Kontext zu stellen", sagte Bosbach.

Auch der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat, Joachim Hörster (CDU), wollte Gaucks Worte nicht als Kritik an Angela Merkel persönlich verstanden wissen. "Das war lediglich ein berechtigter Hinweis darauf, dass die Vermittlung der Euro-Rettung an die Öffentlichkeit zu kurz kommt. Aber das betrifft alle Politiker." Wer Merkel bei ihren Regierungserklärungen zuhöre, "der kann jedenfalls nachvollziehen, was ihr Kurs ist".

Deutlichere Kritik an Gauck übte der Merkel-Biograf Gerd Langguth. Auch Gauck habe Möglichkeiten des Erklärens. "Das ist ja gerade die Stärke Gaucks. Er besitzt einen privilegierten Zugang zu allen Informationen. Gauck, der der Obererklärer der Nation sein sollte, bleibt hier unter seinen Möglichkeiten."

(mar)
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