Kampf gegen Zwangsprostitution Union und SPD wollen Prostitutionsgesetz rasch reformieren

Berlin · Die Reform des Prostitutionsgesetzes soll nach dem Willen von Union und SPD eines der ersten Gesetzesvorhaben der neuen Regierung sein. Neben Strafen für Freier von Zwangsprostituierten sollen Bordelle auch strenger kontrolliert werden.

Prostitution und Bordelle 2018 in NRW
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Sollte es noch vor Weihnachten zur Regierungsbildung kommen, könnte sich der Bundestag bereits im Januar damit befassen, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär (CSU), am Dienstag in Berlin. Man wolle bei dem Thema Druck machen. SPD-Vize Manuela Schwesig hatte bereits am Montag erklärt, dass es eine der ersten Aufgaben der neuen Regierung sein müsse, die "gnadenlose Ausbeutung" von Frauen und Männern zu beenden.

Nach Angaben des Rechtsexperten der Unions-Fraktion, Günter Krings (CDU), soll die Prostitution stärker reguliert und die Zwangsprostitution intensiver bekämpft werden. Das schließe auch eine Strafe für Freier ein, die wissentlich die Dienste Zwangsprostituierter in Anspruch nehmen. Prostitutionsstätten sollten erlaubnispflichtig werden und durch unangemeldete Kontrollen regelmäßig überprüft werden. Ein generelles Verbot der Prostitution oder die Bewertung als sittenwidrig seien nicht geplant.

Das 2001 unter Rot-Grün verabschiedete Prostitutionsgesetz hat Deutschland nach den Worten von Krings zu einem "Paradies für Freier" und zur "Vorhölle für viele Prostituierte" gemacht. SPD und Union wollen auch die Rechte der Opfer stärken. Dazu gehört eine Verbesserung des Aufenthaltsrechts. Offen ist allerdings, wie weit dies gehen wird. Außerdem ist noch nicht klar, ob Prostitution ausdrücklich erst ab 21 erlaubt sein soll.

Verbot von Flatrate-Sex

Bär betonte, dass die Prostitution eine "risikoreiche und gefährliche Tätigkeit" sei, die oft mit Gewalterfahrung einhergehe. Nach ihren Angaben will die große Koalition die Ausstiegsmöglichkeiten verbessern, das Weisungsrecht der Bordellbesitzer abschaffen und erneut verpflichtende Gesundheitskontrollen einführen. Die Gesundheitschecks seien etwa in Augsburg nach Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes von 100 Prozent auf 1,5 Prozent zurückgegangen. Ferner machte die CSU-Politikerin sich persönlich für ein Verbot entwürdigender Praktiken wie Flatrate-Sex stark. Bislang stehe aber nur das Verbot der Werbung zur Diskussion

Die Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Ekin Deligöz, kritisierte die Pläne von Schwarz-Rot als unausgereift. "Der Opferschutz fehlt völlig", sagte sie den "Ruhr-Nachrichten" (Dienstag). Wenn man den Zwangsprostituierten wirklich helfen wollte, müsse man ihnen "die Möglichkeit eines Neustarts in Deutschland geben, mit Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis". Ansonsten handele es sich um Symbolpolitik. Deligöz verwies zudem auf Abgrenzungsprobleme. "In vielen Fällen kann der Freier nicht unterscheiden, ob eine Zwangsprostituierte vor ihm steht oder nicht", so die Grünen-Politikerin.

Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer begrüßte die Reformpläne als "ersten Schritt". In der "Frankfurter Rundschau" (Dienstag) forderte sie weitere, "ganz konkrete Maßnahmen zum Schutz der Frauen - und zur Bestrafung der Händler mit der Ware Frau". Dazu müsse der Gesetzgeber den Straftatbestand der Ausnutzung von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution klären.

Nach Ansicht von Schwarzer könnte sich Deutschland an Frankreich orientieren, wo die Prostitution verboten werden soll. "Nie war die Mehrheit der Prostituierten in Deutschland so isoliert und in der Illegalität wie heute", sagte sie. "Niemand weiß, wer heute in den Modelwohnungen, in Großbordellen und auf dem Straßenstrich hin- und hergeschoben wird."

(KNA)
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