Union und Grüne Die schwarz-grüne Liebelei im Bund ist vorbei
Analyse | Berlin · Früher ist viel von Schwarz-Grün auf Bundesebene geträumt und gesprochen worden. Heute redet bei der Union davon kaum noch einer. Im Gegenteil - zu den Grünen geht man inzwischen auf volle Konfrontation. Das hat Gründe.
Spricht man mit jüngeren Unionsabgeordneten im Bundestag, so wird betont, dass man einen lockeren Draht zu den Altersgenossen der Grünen pflege. Mit denen könne man sogar Spaß haben, mehr als mit so manchem jungen Genossen. Ältere hingegen rümpfen inzwischen nur noch die Nase – es heißt, die Grünen seien längst nicht mehr so pragmatisch wie zu Beginn der Legislaturperiode, es gehe ihnen nur noch um ihre Ideologie. Derzeit ist es freilich so, dass das Lager der Öko-Partei-Freunde in der Union merklich kleiner geworden ist. Es geben diejenigen im Bund den Kurs vor, die im Umgang und im Ton auf volle Konfrontation setzen wollen.
Die schwarz-grüne Liebelei von früher ist bei den Allermeisten erkaltet, Überlegungen, irgendwann auf Bundesebene eine Koalition eingehen zu können, sind vorerst ad acta gelegt. Anfänglich war man selbst bei CDU/CSU erstaunt über das sachliche und moderate Verhalten der Grünen in der Krise. Es gab hinter den Kulissen Treffen, so soll Wirtschaftsminister Robert Habeck sogar mal im Konrad-Adenauer-Haus vorstellig geworden sein. Zu der Zeit nahm die Union im Bundestag verstärkt die FDP ins Visier, übrigens auch umgekehrt die Liberalen die Union.
Doch mittlerweile wird kein gutes Haar mehr an den Baerbocks und Habecks gelassen. Eine Erklärung ist genauso schlicht wie plausibel: „Unsere Mitglieder sind dankbar für eine klare Abgrenzung zu den Grünen“, sagt eine CDU-Frau aus der Fraktionsführung. Vor allem im Osten, wo die Öko-Partei bei manchem regelrecht verhasst ist, erwartet man das von der Spitze in Berlin.
In Sachsen, Thüringen und Brandenburg finden im kommenden Jahr Landtagswahlen statt. Die CDU schwächelt allerorten. Dass Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz immer öfter aus seiner Abneigung keinen Hehl macht, hat auch damit zu tun. Und: Merz muss intern punkten. Insofern glaubt er, das auszusprechen, was seine Basis von den Grünen denkt. Vor allem, seit sie federführend das Land mit ihrer Energiepolitik im Allgemeinen und dem Heizungsgesetz im Besonderen in große Unruhe versetzt haben. Das, so heißt es in der Union, habe viele Menschen in ihrer Existenz bedroht. Und die Grünen wie die gesamte Ampel hätten die „Warnsignale“ der Bürger einfach in den Wind geschlagen. Zuletzt keilte Merz dann auch im bayerischen Wahlkampf in einem Bierzelt gegen die Partei - ein Koalitionspartner könne sie nicht werden, so der Sauerländer.
Man muss wissen: Bei der Klausurtagung des Fraktionsvorstands kürzlich im Sauerland fühlten sich Merz und seine Getreuen durch eine Umfrage, die man in Auftrag gegeben hatte, bestätigt. Darin hieß es, dass 76 Prozent der Bürger Zweifel hätten, dass die Ampel das Land voranbringe. Die Energiepolitik der Regierung wurde außerordentlich kritisch bewertet – nur fünf Prozent sagten, die Grünen würden am ehesten den Wirtschaftsstandort stärken, 27 Prozent billigten dies der Union zu, die damit deutlich vor allen Ampel-Parteien landete. Andere grüne Positionen wie etwa in der Migrationspolitik fielen ebenso durch. Aus der Umfrage leitete die Fraktionsspitze den Auftrag ab, sich für einen „Politikwechsel“ in Deutschland einsetzen zu müssen, um Erfolg zu haben. Im Sauerland wurde sozusagen der harte Konfrontationskurs gegen die Grünen manifestiert.
Nicht jedem gefällt das. Ende Juni hatte Merz manchen verstört, als er die Grünen zum politischen Hauptgegner erklärte. Freilich in der Bundesregierung. Nach wie vor argwöhnisch soll das Vorgehen der Union im Bund vor allem in den Ländern verfolgt werden, wo die CDU mit den Grünen ohne viel Ärger regiert. In Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein und in Hessen. In Berlin glaubt man jedoch, den Kurs gegen die Grünen durchhalten zu können und zu müssen. „Die Schnittmengen werden ja eher kleiner“, wird betont.