Wegen Konjunkturaufschwung Union plant offenbar kleine Steuerreform

Berlin (RPO). Wegen des Konjunkturaufschwungs planen CDU und CSU einem Medienbericht zufolge eine baldige Steuervereinfachung. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) habe sich intern offen für ein neues Konzept gezeigt, das allerdings nur geringe Entlastungen vorsehe.

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Foto: AP

Das berichtet die "Financial Times Deutschland". Der Katalog solle bereits bekannte Vorschläge der Länderfinanzminister aufnehmen und außerdem noch weitere Maßnahmen umfassen.

Kauder und der Wirtschaftsflügel der Union verfolgten mit diesem Konzept eine Doppelstrategie: Sie wollen zum einen frustrierte Unionsanhänger besänftigen. Grund ist das Wahlversprechen nach einem einfacheren und gerechten Steuersystem, von dem sich viele getäuscht sehen.

Zum anderen wollten sie vermeiden, dass der Aufschwung andere Begehrlichkeiten weckt. Dabei geht es vor allem um das Sparpaket der Bundesregierung, das stark umstritten ist. So steht vor allem die Brennelementesteuer und die Flugticketabgabe in der Kritik. Viele würden dies gern verhindern.

Staffeldt für Lockerung Sparpaket

Der FDP-Verkehrspolitiker Torsten Staffeldt appellierte unterdessen an die Koalition, angesichts des starken Wirtschaftswachstums das Sparpaket zu lockern. "Wenn wir jetzt durch die gute Konjunktur unerwartete Spielräume erhalten, sollten wir das Sparpaket an den Stellen abmildern, an denen das ordnungspolitisch sinnvoll ist", sagte Staffeldt unserer Redaktion.

"Ich denke an alle Maßnahmen im Sparpaket, die die Wirtschaft zusätzlich belasten", so Staffeldt. Insbesondere "sollten wir von der Luftverkehrsabgabe absehen oder sie zumindest reduzieren".

"Jetzt müssen wir die überfälligen Steuervereinfachungen durchsetzen, weil nun endlich das Geld dafür da ist", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsflügels in der Unions-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten, der "Financial Times Deutschland".

"Unsere Vorschläge können innerhalb weniger Monate beschlossen und in Kraft gesetzt werden. Dass es keine großen Steuersenkungen geben wird, haben die Menschen verstanden. Aber unsere Vorschläge zur Steuervereinfachung kosten Bund, Länder und Gemeinden nur etwa 500 Millionen Euro", sagte Stetten, der das Unionskonzept derzeit ausarbeitet.

Erste Steuervereinfachungen, die die Bundesländer vor wenigen Wochen vorgeschlagen hatten, waren etwa, dass bei der Anerkennung von Kinderbetreuungskosten künftig Behinderung, Krankheit und Berufstätigkeit nicht mehr geprüft würden. Insgesamt beinhaltete der Katalog 13 Punkte, die nun laut der Zeitung ergänzt werden sollten.

Kinder- und Kilometergeld

Ein weiterer Vorschlag bezog sich auf das Kindergeld für volljährige Kinder. Die eigenen Einkünfte der Jugendlichen sollten nicht mehr überprüft werden. Zudem sollten die Steuerzahler entscheiden können, ob sie eine Entfernungspauschale von 30 Cent pro Kilometer bis zu einer Obergrenze von 4500 Euro geltend machen wollen oder Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln einzeln nachweisen.

Der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, sprach in der "Financial Times Deutschland" vom Ende der Krise und verlangte einen Ausstieg aus den staatlichen Konjunkturhilfen. "Dies betrifft insbesondere die Konjunkturprogramme, soweit sie noch nicht umgesetzt sind, und das verlängerte Kurzarbeitergeld", so Schlarmann.

Eine Entlastung der Krankenkassen erwartet Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich. "Wenn sich die positiven Konjunkturaussichten auf die Löhne und Gehälter auswirken, so wird sich dies auch in höheren Einnahmen des Gesundheitsfonds bemerkbar machen."

Westerwelle erhöht Druck

FDP-Chef Guido Westerwelle hatte angesichts des kräftigen Wirtschaftswachstums den Druck auf die Union verschärft, noch in dieser Wahlperiode die Steuern zu senken. "Für mich bleibt das Thema: Wie geben wir die Aufschwungdividende an die weiter, die sie erwirtschaften", sagte er der "Bild am Sonntag". Finanzielle Spielräume müssten zur steuerlichen Entlastung der Mittelschicht genutzt werden.

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal des Jahres so stark gewachsen wie seit der Wiedervereinigung in keinem Vierteljahr. Die Fachbeamten im Bundeswirtschaftsministerium rechnen daher nun mit drei Prozent Wachstum im laufenden Jahr.

Infolge des kräftigen Wachstums werden Bund, Länder und Gemeinden 2010 mindestens elf Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als im Mai bei der letzten Steuerschätzung prognostiziert, sagte der Finanzexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Alfred Boss, unserer Redaktion. "Für 2011 erwarte ich sogar 15 Milliarden mehr, wenn die Regierung das Sparpaket unverändert lässt."

(das/jre)
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