Liberale nur noch bei nur drei Prozent Umfrage-Desaster stellt FDP vor Dilemma

Düsseldorf · Rund drei Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen steckt die FDP weiter im Umfragetief. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage fallen die Liberalen um einen Punkt auf drei Prozent zurück. Die Partei befindet sich an mehreren Fronten in der Zwickmühle.

Das ist Philipp Rösler
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Politiker deuten Umfrageergebnisse oftmals so, dass es ihnen am besten in die Argumentationskette passt. Steht ihre Partei gut da, gibt dies Aufwind für die anstehenden Wahlen. Falls nicht, so analysieren sie, wird das keinerlei Einfluss auf den Urnengang haben.

Auch wenn die Bundestagswahl noch zwölf Monate entfernt ist, dürften die Verantwortlichen der FDP mit Beunruhigung auf die aktuellen Forsa-Umfragewerte im Auftrag des "Stern"-Wahltrends schauen. Die stolzen Liberalen, jahrelang Juniorpartner von CDU-geführten Regierungen, sacken auf drei Prozent ab. Vor vier Jahren zählte die Partei bei der Bundestagswahl noch satte 14,5 Prozent.

Schlechtester Wert seit vier Monaten

Doch die Zeiten guter Umfragewerte und noch besserer Wahlergebnisse scheinen vorerst vorbei. Es ist ihr schlechtester Wert in der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa seit vier Monaten.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, kritisierte angesichts der schlechten Zahlen das Erscheinungsbild der Partei. "Offensichtlich haben wir es versäumt, unsere Politik glaubhaft zu vermitteln", sagte er laut einer Vorabmeldung des "Stern".

Niedersachsen wählt am 20. Januar 2013 ein neues Landesparlament. Mit Blick auf die Landtagswahl hatte Rösler am Wochenende in einem Interview gesagt: "Die schwarz-gelbe Regierung in Niedersachsen hat eine großartige Bilanz vorzuweisen. Jede andere Konstellation als Schwarz-Gelb wirft das aufstrebende Land zurück. Die Niedersachsen wissen zu schätzen, was sie haben." Kubicki erwiderte nun: "Die Menschen sehen nicht, was unsere Regierungsbeteiligung für den Einzelnen im Alltag bedeutet."

FDP bald nur noch "Sonstige"

Fast wehmütig werden die Politiker im Thomas-Dehler-Haus auf die mageren fünf Prozent blicken, die eine Emnid-Umfrage den Liberalen Anfang des Monats bescheinigte. Mit einem solchen Ergebnis wäre die Partei immerhin im Bundestag vertreten. Mehr als zwei Wochen später bewegt sich die FDP in Größenordnungen der bei Bundestagswahlen nur als "Sonstige" bezeichnete Parteien.

Dabei haben die Liberalen, und an vorderster Stelle ihr Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler, in den vergangenen Wochen und Monaten viele Anstrengungen unternommen, einen parteipolitischen Kurswechsel zu vollziehen und ihr Profil bei den Wählern zu schärfen. Rösler attackierte die Union, NRW-FDP-Chef Christian Lindner die SPD. Die FDP schoss Giftpfeile in Richtung CSU und blockierte Großprojekte des Koalitionspartners (Betreuungsgeld, Zuschussrente) — ausgezahlt hat es sich bislang nicht.

Die FDP steckt in einem Dilemma: Auf der einen Seite muss sie sich im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 lautstark Gehör verschaffen und sich so aus dem fortwährenden Umfragetief befreien. Gleichzeitig sorgt die Beliebtheit der Kanzlerin bei den Bürgern dafür, dass sich die FDP kaum von der CDU abheben kann.

Können Liberale nur meckern?

So dürfte bei einigen Wählern folgende Botschaft haften bleiben: Die Liberalen meckern nur und stellen sich quer anstatt eigene, konstruktive Vorschläge zu liefern. Viel Raum zur Entfaltung und zur Positionierung verbleibt nicht.

Nicht wenige FDP-Politiker sehen in der Personalie von Parteichef Rösler den Grund für die größte Krise in der 64-jährigen Geschichte der Liberalen, die insgesamt länger in der Regierungsverantwortung sind als jede andere bundesdeutsche Partei. Kritiker halten ihm vor, er sei viel zu zahm und führungsschwach.

Meldungen, wonach Kubicki und Außenminister Guido Westerwelle bei einem Geheimtreffen auf Mallorca bereits Pläne schmiedeten, Rösler zu stürzen, sorgten in der vergangenen Woche für Unruhe. Es solle sich um ein privates Treffen in einem Restaurant gehandelt haben, bei dem es laut "Zeit" auch um die Frage gegangen sein soll, wie Rösler abgelöst werden könne, falls die FDP im Januar in Niedersachsen den Einzug in den Landtag verfehle. Kubicki und Westerwelle dementierten sofort.

Fällt bald die Praxisgebühr?

Trotz trüber Umfragewerte kann die FDP womöglich schon bald einen kleinen Erfolg feiern. Die schwarz-gelbe Koalition will nach einem Zeitungsbericht die Praxisgebühr acht Jahre nach ihrer Einführung unter Rot-Grün wieder abschaffen. Darauf hätten sich die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP, Angela Merkel, Horst Seehofer und Philipp Rösler, am vorigen Sonntag in einem Telefonat grundsätzlich geeinigt.

Das berichtet die "Leipziger Volkszeitung" unter Berufung auf führende Unionskreise. Ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte auf Anfrage, es gebe noch keine Entscheidung. Der Koalitionsausschuss werde in seiner Sitzung voraussichtlich am 4.November darüber beraten, ob die Gebühr von zehn Euro pro Quartal wegfallen solle.

(mit Agenturmaterial)
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