Kommentar Um Demokratie zu werben schadet nicht

Meinung | Düsseldorf · Einige Parteien im Kieler Landtag wollen erreichen, dass Schleswig-Holsteiner ihre Stimme künftig an zwei Tagen abgeben können. Ob diese Wahl-Revolution am Ende greift, bleibt abzuwarten.

Stell dir vor es ist Demokratie und keiner geht hin. Ja, es stimmt. Den Politikern laufen die Wähler weg. Seit den 80er Jahren ist die Wahlbeteiligung auf Bundesebene um knapp 19 Prozent gesunken. Doch die Gemeindevertreter leiden am meisten. Auch in Schleswig-Holstein. 60,2 Prozent der Wahlberechtigten gaben dort bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2012 ihre Stimme ab. 1983 waren es noch satte 84,8 Prozent. CDU, SPD, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband im Kieler Landtag wollen nun mit einem Parlamentsantrag etwas gegen die Wahlmüdigkeit tun — und einen zusätzlichen Wahltag einführen. Zum Beispiel montags.

Das hat auch schon Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, gefordert: Verlegt den Wahltermin auf einen Werktag, erklärte er vor zwei Jahren. Dann seien die Menschen ohnehin unterwegs und viel motivierter. So wie in Dänemark. Dort haben bei der letzten Wahl im September 2011 rund 87 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben — auch, weil unter der Woche gewählt wird.

Doch Wahlen an Werktagen bedeuten, dass Schulen, Sporthallen und Gemeindezentren unter der Woche nicht belegt sein dürfen. Dass ein Großteil der Wahlhelfer sich Urlaub nehmen muss. Dass für die entsprechenden Städte und Gemeinden zusätzliche Kosten entstehen. Das sollten auch die Politiker in Schleswig-Holstein nicht vergessen. Genauso wie die Tatsache, dass mit der Briefwahl schon jetzt jeder Werktag in Deutschland ein Wahltag sein kann. Jede vierte Stimme kam bei der Bundestagswahl 2013 per Post.

Ob die Wahl-Revolution in Schleswig-Holstein am Ende kommt und greift — oder sie gar Vorbildcharakter für den Bund haben könnte — bleibt abzuwarten. Eins steht allerdings jetzt schon fest: Es schadet nichts, um Demokratie zu werben. Nicht in Europa. Nicht in Deutschland. Und auch nicht in Schleswig-Holstein. Denn Wählen ist ein Grundrecht und Basis der Demokratie. Wer nicht wählen war — egal ob sonntags, montags oder an einem anderen Tag — darf nachher nicht meckern.

(jam)
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