Ansturm auf Finanzämter Hoeneß-Effekt: Zahl der Selbstanzeigen verdreifacht

In den ersten drei Monaten des Jahres 2014 sind bei den Finanzämtern dreimal so viele Selbstanzeigen eingegangen wie in demselben Zeitraum im Vorjahr. Fachanwälte sprechen von einem Ansturm. Politiker staunen: Dass es in Deutschland so viele Steuersünder gibt, haben selbst sie nicht erwartet.

Wie geht das mit der Selbstanzeige?
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Foto: AP

Die jüngste Erhebung zum Ausmaß der Selbstanzeigen stammt von der Süddeutschen Zeitung (SZ). Das Blatt hat in einer bundesweiten Umfrage in den Finanzministerien der Länder ermittelt, dass von Januar bis März rund 13.000 Fälle gemeldet wurden.

Der größte Zuwachs wurde in NRW verzeichnet. Insgesamt 2656 Menschen hätten sich in der Zeit wegen Steuerhinterziehung mit Bezug zur Schweiz angezeigt, vermeldete das Finanzministerium in Düsseldorf bereits vor zwei Wochen nicht ohne Stolz. Zum Vergleich: Im Vergleichszeitraum 2013 war es mit 538 Fällen nur ein Fünftel. Ein Erfolg für Finanzminister Norbert Walter Borjans (SPD), der zu den entschiedensten Verfechtern einer rigiden Politik gegenüber Steuersündern zählt und mehrfach CDs mit verräterischen Daten angekauft hat.

Der Trend aus NRW lässt sich auch in anderen Bundesländern beobachten. Laut SZ lag die Zahl der Selbstanzeigen in Bayern viermal so hoch, ähnlich verhalte es sich auch in Rheinland-Pfalz (1684 Anzeigen), Baden-Württemberg (2669) und Hessen (1327). Unter anderem hatte auch Spiegel Online von einem wahren Ansturm auf die Praxen von Steuerfachanwälten berichtet, wonach sich zehnmal so viele Mandanten stellen wollten wie bisher.

NRW-Finanzminister Walter-Borjans zeigte sich zuletzt noch überrascht über die Flut. "Es gibt viel mehr Steuerbetrüger als gedacht", erklärte er. Offenbar wollten aber nun auch viele ihre letzte Chance nutzen, noch unter den aktuellen sehr günstigen Bedingungen der Selbstanzeige straffrei davon zu kommen. Die Länder hatten sich darauf verständigt, die Bedingungen für eine Selbstanzeige deutlich zu verschärfen.

Die Gründe für die Explosion der Selbstanzeigen sind vielfältig. Einen nicht unerheblichen Teil hat sicherlich die Verurteilung von Bayern-Präsident Uli Hoeneß dazu beigetragen. Die umfassender Berichterstattung in den Medien hat vielen deutlich gemacht, wie schnell aus einem vermeintlichen Kavaliersdelikt eine Haftstrafe werden kann.

Doch sind sich Fachleute und Politik einig, dass mehr noch der wachsende Druck der Schweizer Banken die Deutschen zur Selbstanzeige treibt. Die nehmen ihre Kunden ins Gebet, seitdem das Steuerabkommen mit Deutschland gescheitert ist: Bis zum Ende des Jahres sollen sie sich nach Möglichkeit steuerehrlich machen.

Bayerns Finanzminister Markus Söder erwartet daher, dass der Trend sich weiter fortsetzt. "Denn zum Anfang kommenden Jahres wird die Selbstanzeige deutlich verschärft", zitiert ihn die Süddeutsche.

(pst)
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