Schutz vor kriegsbedingten Firmenpleiten Kann der Staat im Notfall systemrelevante deutsche Unternehmen stützen?

Berlin · Wirtschaftsminister Habeck erwägt, den mit bis zu 150 Milliarden Euro gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) einzusetzen, um im Notfall systemrelevante deutsche Energie-Unternehmen retten zu können, die wegen des Ukraine-Kriegs unter Druck geraten. Doch Finanzminister Lindner sieht beihilferechtliche Probleme.

 Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lässt prüfen, ob der im Jahr 2020 in der Corona-Pandemie errichtete staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) eingesetzt werden kann, um notfalls systemrelevante deutsche Energiekonzerne vor einer kriegsbedingten Pleite retten zu können. Denn vor allem in dieser Branche könnten wegen zunehmender Knappheiten bei Öl, Gas und Kohle Unternehmen in Schieflage geraten. Das Bundesfinanzministerium reagierte allerdings skeptisch auf die Überlegungen. Die staatliche Förderbank KfW könne schneller und flexibler auf Liquiditätsengpässe der Unternehmen reagieren und Hilfskredite bereitstellen, hieß es aus dem Finanzministerium.

 Der WSF war vor zwei Jahren zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie auf große Unternehmen errichtet worden. Der Bund kann daraus Garantien zur Absicherung von Krediten für die Unternehmen finanzieren oder diese auch direkt mit Eigenkapitalspritzen stützen. Unter anderem erhielt die Lufthansa eine 1,5-Milliarden-Hilfe, die sie mittlerweile zurückgezahlt hat. Anfang 2022 wurde das Volumen des Fonds von ursprünglich bis zu 600 Milliarden Euro deutlich reduziert Für Garantien stehen jetzt noch bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung, für Rekapitalisierungen bis zu 50 Milliarden Euro.

  Vor allem die Energiewirtschaft leidet unter der aktuellen Lage im Ukraine-Krieg. Bei der Bundesregierung ist bereits der Hilfsantrag des Energiekonzerns VNG auf ein KfW-Darlehen in Milliardenhöhe eingegangen, weil das Unternehmen fürchtet, einen Gaslieferstopp aus Russland nicht abfedern zu können. Auch in der Industrie mehren sich offenbar die Rufe nach breit angelegten Staatshilfen. In energieintensiven Branchen wie Metall, Glas, Papier und Chemie wird eine Pleitewelle befürchtet, weil die enorm hohen Energiepreise die Bilanzen belasten.

Offiziell angekündigt hat Habeck bisher ein Kreditprogramm der staatlichen KfW-Förderbank, um Liquiditätsengpässe der Unternehmen abzufedern. Nutzen will Habeck dafür ebenfalls die bisherigen Corona-Hilfsprogramme, die nun weniger wichtig werden. Das KfW-Programm soll zeitnah starten.

 Die größere Lösung mit dem WSF dürfte dagegen beihilferechtliche Probleme mit der EU aufwerfen. Der Staatsfonds sei für coronabedingte Stützungsmaßnahmen errichtet worden und könne nicht einfach umgewidmet werden, heißt es im Finanzministerium. „Die rechtlichen Voraussetzungen der Inanspruchnahme von WSF-Hilfen sind dementsprechend ausgestaltet und erfordern insbesondere, dass die antragstellenden Unternehmen aufgrund der Coronavirus-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind“, heißt es aus dem Ministerium. Um systemrelevante Unternehmen, die unter den Folgen des Ukraine-Kriegs leiden, vor einer Insolvenz zu retten, müsste demnach wohl ein komplett neues Sondervermögen oder ein vergleichbares neues Instrument geschaffen werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort