Ukraine US-Geheimdienst: Keine Hinweise auf direkte Beteiligung Russlands

Charkow · Das über der Ukraine abgestürzte Passagierflugzeug ist nach US-Angaben vermutlich aus Versehen von den Separatisten abgeschossen worden. Wahrscheinlich habe eine "schlecht ausgebildete Besatzung" das Raketensystem nicht richtig beherrscht, sagte ein US-Geheimdienstbeamter. Hinweise auf eine direkte Beteiligung Russlands gibt es demnach nicht.

 Auf eine direkte Beteiligung Russlands deutet nach Angaben des US-Geheimdienstes nichts hin.

Auf eine direkte Beteiligung Russlands deutet nach Angaben des US-Geheimdienstes nichts hin.

Foto: ap

"Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass es ein Fehler war", sagte der hohe US-Geheimdienstvertreter. Die bisher gesammelten Beweise deuteten darauf hin, dass die prorussischen Separatisten für den Abschuss verantwortlich waren, doch bleibe offen, wer "den Abzug betätigte". US-Regierungsvertreter sagten, zwar sei die Verlegung schwerer Waffen aus Russland in den Osten der Ukraine beobachtet worden, doch gebe es keine Beweise, dass auch Buk-Raketensysteme über die Grenze gebracht wurden.

Eine russische Mitwirkung an dem mutmaßlichen Abschuss ließe sich derzeit nicht bestätigen. Der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte dem TV-Sender CNN jedoch, die USA untersuchten weiter eingehend, ob es eine "direkte Verbindung" zu Russland gebe.
Unabhängig davon trage Moskau eine Verantwortung, weil es die kremltreuen Separatisten mit Material und Training unterstütze und die instabile Situation in der Ukraine mitverursacht habe. Auch nach dem Flugzeugunglück habe Russland die Hilfe nicht eingestellt.

Der Geheimdienstvertreter wies russische Angaben zurück, wonach die Boeing 777 der Malaysia Airlines vor ihrem Absturz ein Ausweichmanöver vollzog. Ein russischer General hatte am Montag gesagt, ein ukrainisches Kampfflugzeug habe sich kurz vor dem Absturz der Passagiermaschine wenige Kilometer entfernt befunden. Zudem sei die Boeing von ihrer Flugroute abgewichen. Flug MH17 war am Donnerstag mit 298 Menschen an Bord im umkämpften Osten der Ukraine abgestürzt. Es wird allgemein von einem Abschuss ausgegangen.

Der Flugschreiber der Maschine wurde unterdessen an niederländische Ermittler übergeben. Die malaysischen Experten, die das Gerät von den prorussischen Separatisten erhalten hatten, händigten es am Dienstagabend am Flughafen von Kiew dem Niederländischen Untersuchungsbüros für Sicherheit (OVV) aus, wie das Außenministerium in Den Haag mitteilte. Demnach soll die sogenannte Black Box, die den Flugdatenschreiber und den Stimmenrekorder enthält, zur Auswertung ins britische Farnborough gebracht werden.

Die Auswertung soll Hinweise auf die Absturzursache liefern. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass sie einen Rückschluss auf die Urheber des Angriffs zulässt. Den Haag hat die Führung bei den Ermittlungen, weil 193 der Insassen Niederländer waren. Die Regierung rief für Mittwoch einen nationalen Trauertag aus. Am Nachmittag werden zwei Flugzeuge mit den ersten Opfern in Eindhoven erwartet, wo sie von den Hinterbliebenen, König Willem Alexander und Ministerpräsident Mark Rutte empfangen werden sollen.

Laut einem niederländischen Experten, der am Dienstag die Opfer des Absturzes untersuchte, die am Vortag von den Separatisten in einem Kühlzug nach Charkiw überstellt worden waren, befanden sich nur 200 Leichen in dem Zug. Die Separatisten hatten die Zahl mit 282 angegeben. Ein Sprecher der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sagte, Mitarbeiter hätten am Absturzort an mindestens zwei Stellen noch Leichenteile gesehen.

Der Westen hatten den Separatisten vorgeworfen, acht- und pietätlos mit den sterblichen Überresten der Opfer umzugehen. Zudem gab es Vorwürfe, sie würden Hinweise auf die Absturzursache beseitigen. Laut dem OSZE-Sprecher Michael Bociurkiw wurden am Absturzort tatsächlich Teile des Wracks bewegt. Allerdings könnte dies auch zur Bergung von Opfern geschehen sein.

(DEU)
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