Reaktion auf Köln-Übergriffe Koalition will kriminelle Ausländer schneller ausweisen

Berlin · Seit den Silvester-Übergriffen von Köln geht der Ruf nach schärferen Gesetzen um. Im Eiltempo präsentiert die Regierung ihre Antwort: ein deutlich strengeres Ausweisungsrecht. Dabei hat sie dies gerade erst reformiert.

Asyl beantragen: Wie läuft ein Asylverfahren ab?
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So läuft das Asylverfahren ab

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Foto: Endermann, Andreas

Als Konsequenz aus den schweren Übergriffen von Köln will die Bundesregierung die Ausweisung von kriminellen Ausländern und Asylbewerbern erleichtern. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) kündigten am Dienstag in Berlin dazu eine Gesetzesinitiative an. Wenn ein Ausländer wegen bestimmter Delikte - wie Körperverletzung, Tötung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung oder Seriendiebstahl - zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, soll er künftig mit seiner Ausweisung zu rechnen haben. Auch bei einer kürzeren Freiheitsstrafe wegen solcher Delikte soll eine Ausweisung prinzipiell möglich sein - egal ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist oder nicht.

In Köln hatten am Hauptbahnhof in der Silvesternacht Gruppen von Männern vor allem Frauen umzingelt, begrapscht und bestohlen. Nach ersten Ermittlungsergebnissen waren es überwiegend Nordafrikaner.
Unter den Verdächtigen sind auch Asylbewerber. Die Exzesse waren Auslöser für eine Debatte über mögliche Gesetzesverschärfungen.

Die Bundesregierung hatte erst kürzlich eine Reform des Ausweisungsrechts auf den Weg gebracht. Seit dem 1. Januar gilt das System, dass die zuständigen Stellen zwischen dem "Ausweisungsinteresse" des Staates (etwa das kriminelle Verhalten eines Ausländers) und dem "Bleibeinteresse" des Betroffenen (etwa Familienverhältnisse) abwägen.

Unterschieden wird zwischen "schwerwiegendem" und "besonders schwerwiegendem Ausweisungsinteresse". Ein "schwerwiegendes Ausweisungsinteresse" liegt bislang dann vor, wenn ein Ausländer zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt ist. Nach dem Willen der Minister sollen künftig auch kürzere Freiheitsstrafen und auch solche ohne Bewährung als Voraussetzung für ein "schwerwiegendes Ausweisungsinteresse" genügen - zumindest bei Straftaten "gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum" oder bei Angriffen auf Polizisten.

Eine noch höhere Wahrscheinlichkeit für eine Ausweisung gibt es bei einem "besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse". Bislang liegt das bei Freiheitsstrafen von mindestens zwei Jahren vor. Künftig soll hier eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr reichen - zumindest bei den ausgewählten Delikten. Diese Schwelle gilt auch für Asylbewerber, die dann keine Chance mehr auf Anerkennung als Flüchtling haben sollen. Bislang liegt die Hürde dafür bei einer Verurteilung zu drei Jahren Haft ohne Bewährung.

"Das ist eine harte, aber richtige Antwort des Staates", sagte de Maizière. Das Vorhaben könne aber auch nur ein Baustein der nötigen Lehren von Köln sein. Maas mahnte: "Kriminelle müssen in Deutschland konsequent zur Rechenschaft gezogen werden."

Die Minister wollen nun schnell einen Gesetzesentwurf vorlegen. De Maizière sagte, er strebe an, das Vorhaben möglichst noch im Januar ins Kabinett einzubringen. Der Minister will die Initiative aber nicht an das ohnehin geplante zweite Asylpaket knüpfen, über das die Koalitionäre noch streiten. Auch hier hoffe er auf einen Kabinettstermin noch im Januar.

Die Regierung will nun außerdem ein älteres Projekt vorantreiben: eine Verschärfung des Sexualstrafrechts. Die Gesetzespläne stecken seit dem Sommer in der Ressortabstimmung. Nun soll Tempo in das Verfahren kommen.

Union und SPD beraten als Konsequenz aus Köln auch darüber, eine "Wohnsitzauflage" für anerkannte Flüchtlinge einzuführen, damit sie nicht in großer Zahl in die Großstädte ziehen und sich dort "Ghettos" bilden. Über das Ob sei die Koalition weitgehend einig, diskutiert werde aber noch über das Wie, sagte de Maizière.

Die Spitzen der Koalitionsfraktionen unterstützen die geplanten Verschärfungen im Ausländerrecht. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bezeichnete die Pläne am Dienstag in Berlin als klares Signal an Rechtsbrecher. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sprach von einem "Vorschlag mit Augenmaß". Er betonte aber auch: "Gesetze allein schaffen noch keine innere Sicherheit." Hauptproblem sei derzeit, dass geltendes Recht nicht durchgesetzt werde.

(gol)
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