Rechte Gefahr "Überfälliger Schritt": Union für Verschärfung des Versammlungsrechts

Berlin (rpo). Unionspolitiker haben die Idee von Innenminister Otto Schily (SPD), das Versammlungsrecht zu verschärften, als "überfälligen Schritt" bezeichnet. Bei den Grünen stößt das Vorhaben dagegen auf Vorbehalte, die FDP hat sich gegen die Einschränkung von Grundrechten ausgesprochen. Das soll Versammlungsrecht soll im Hinblick auf Neonazi-Aufmärsche geändert werden.

Die Bundesregierung plant als Mittel gegen Neonazi-Aufmärsche eine Präzisierung und Einschränkung des Versammlungsrechtes. Danach könnten Demonstrationen verboten werden, wenn dabei die Verherrlichung oder Verharmlosung nationalsozialistischer Gewalt-und Willkürherrschaft zu erwarten ist. Auch Neonazi-Aufmärsche vor Gedenkstätten wie dem Holocaust-Mahnmal in Berlin sollen verhindert werden. Ein Sprecher Schilys bestätigte das Vorhaben. Die Initiative gehe auf die Innenministerkonferenz (IMK) zurück.

Der IMK-Vorsitzende Heribert Rech (CDU) sprach von einem "überfälligen Schritt". "Wir dürfen nicht zulassen, dass Demonstrationen stattfinden, auf denen unsere verfassungsmäßigen Werte verhöhnt und das Ansehen Deutschlands in der Welt beschädigt werden", betonte der baden-württembergische Innenminister. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte: "Wir unterstützen alles, was eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Regelung darstellt."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, signalisierte ebenfalls Zustimmung. Er sehe in Schilys Vorschlag keinen Konflikt mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Vielmehr handle es sich um eine "zulässige Klarstellung" der Rechtslage. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager machte allerdings klar, sie halte nichts davon, verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte einzuschränken. Jedoch wollten die Grünen "wohlwollend" Vorschläge prüfen.

Der FDP-Innenexperte Max Stadler machte Bedenken geltend. "Wir sind sehr skeptisch gegenüber jeglicher Einschränkung von Grundrechten", sagte er. Schärfere Auflagen seien ausreichend, um etwa Aufmärsche der rechtsextremen NPD vor dem Brandenburger Tor am 8. Mai zu verhindern.

Thierse gegen Verbot

Mit Blick auf den NPD-Eklat im sächsischen Landtag wies Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) unterdessen Forderungen nach einem neuen Anlauf für ein NPD-Verbot zurück. "Wenn Politiker jetzt allzu schnell nach einem neuen Verbotsantrag rufen, wirkt das ein wenig wie eine Ausrede", sagte Thierse, der auf die Gefahr eines erneuten Scheiterns verwies.

Auch Stadler sagte, eine Neuauflage des Verbotsverfahrens mache wenig Sinn. Der FDP-Politiker machte auf die verstärkte Kooperation der Rechtsparteien aufmerksam, die aus seiner Sicht eine "Spätfolge des fehlerhaften NPD-Verbotsverfahrens" ist.

Israels Botschafter in Berlin, Schimon Stein, rief derweil zum gemeinsamen Kampf gegen die "rechte Gefahr" auf. Die großen Parteien müssten sich fragen, ob sie genügend dafür tun, damit auch "die Verlierer von wirtschaftlichen Veränderungen trotz der Enttäuschung in ihrem Herzen Demokraten bleiben".

(afp)
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