Kurzinterview mit Udo Schiefner, Chef des Maut-Untersuchungsausschusses „Die CSU hat dem Land großen Schaden zugefügt“

Berlin · Vor dem Auftritt von Verkehrsminister Andreas Scheuer an diesem Donnerstag will der Vorsitzende des Maut-Untersuchungsausschusses, der SPD-Politiker Udo Schiefner aus Nordrhein-Westfalen, den CSU-Minister nicht vorverurteilen.

 Udo Schiefner (SPD) leitet den Maut-Untersuchungsausschuss.

Udo Schiefner (SPD) leitet den Maut-Untersuchungsausschuss.

Foto: imago images/Christian Ditsch/Christian-Ditsch.de via www.imago-images.de

Was erwarten Sie sich vom Auftritt des Verkehrsministers vor dem Maut-Untersuchungsausschuss?

Schiefner Die zentrale Frage wird sein: Hat Andreas Scheuer im September 2019 vor dem Parlament gelogen? Damals wurde der Minister in einer Fragestunde des Parlaments gefragt, ob ihm die Betreiber des geplanten Pkw-Maut-Systems ein knappes Jahr zuvor angeboten hatten, den Betreibervertrag erst nach dem EuGH-Urteil zur Pkw-Maut zu unterzeichnen. Der Minister sagte damals klipp und klar, dass es kein Angebot gab. Nun liegen uns aber Protokolle der Betreiber vor, die das Gegenteil nahe legen. Demnach hätten sie dem Minister im November 2018 sehr wohl angeboten, das Urteil abzuwarten. Im Juni 2019 kippte der EuGH dann die deutsche Pkw-Maut. Scheuer hatte den Vertrag jedoch schon unterschrieben. Dem Steuerzahler gingen dadurch bereits viele Millionen Euro verloren. Die Betreiber fordern zusätzlich eine Entschädigung von über einer halben Milliarde Euro.

Wann wäre ein Rücktritt für Minister Scheuer unausweichlich?

Schiefner Sollte Andreas Scheuer den Bundestag nachgewiesenermaßen belogen haben, hätte er ein Glaubwürdigkeitsproblem. Das würde sein Amt belasten und das kann zu einem Glaubwürdigkeitsproblem der Regierung werden. Dem Vorzubeugen liegt aber nicht in meiner Hand oder der Hand der SPD. Dafür wären dann der Koalitionspartner und CSU-Chef Markus Söder verantwortlich.

Die Opposition fordert jetzt schon seinen Rücktritt. Ist das gerechtfertigt?

Schiefner Es geht mir im Untersuchungsausschuss um eine ehrliche und gründliche Aufklärung der Vorwürfe: Mir geht es nicht darum, einen Minister zu Fall zu bringen. Wer den Untersuchungsausschuss ernst nimmt, der muss seriöse Aufklärungsarbeit leisten und nicht vorverurteilen. Dazu müssen auch die Oppositionsparteien beitragen. Wir sind weder Verteidiger noch Ankläger des Ministers. Wir sind Aufklärer. Meist arbeiten wir im Ausschuss ja auch sehr sachlich zusammen. Doch manchmal gehören offenbar Show und politischer Theaterdonner dazu. Das kann ich nicht verhindern.

Wann wollen Sie ein Ergebnis vorlegen?

Schiefner Spätestens Anfang 2021 haben wir unsere Befragungen abgeschlossen, dann wird der Abschlussbericht im Frühsommer vorgelegt. Es muss rechtzeitig vor der Sommerpause möglich sein, dass wir die Ergebnisse bewerten und breit diskutieren können, ohne vom Wahlkampf gestört zu werden.

Wie stehen Sie zur Pkw-Maut?

Schiefner Ich war grundsätzlich immer gegen die von der CSU durchgesetzte Pkw-Maut, die nur Ausländer bezahlen sollten und die deshalb nicht europarechtskonform war. Die CSU hat dem Land damit großen Schaden zugefügt, sowohl finanziell als auch, was unseren guten Ruf in Europa angeht. Wenn man über eine Maut redet, muss sie sozial gerecht, europarechtskonform und ökologisch ausgestaltet sein und möglichst europaweit gelten. Das gehört auf die Tagesordnung der nächsten Legislaturperiode.

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