Mehr Gesundheitsschutz für Kinder TV-Werbung für Süßes und Fastfood soll verboten werden

Exklusiv | Berlin · An die 20.000 Werbespots sehen Kinder pro Jahr - oft handelt es sich um Reklame für ungesundes Essen. Damit soll Schluss sein: Die SPD will jetzt „so schnell wie möglich“ das von der Ampel vereinbarte Werbeverbot in Kindersendungen durchsetzen.

Mit der Werbung für ungesundes Essen in TV-Kindersendungen soll bald Schluss sein. Das will die Ampel-Koalition.

Mit der Werbung für ungesundes Essen in TV-Kindersendungen soll bald Schluss sein. Das will die Ampel-Koalition.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Im Koalitionsvertrag der Ampel findet sich das Vorhaben ein wenig versteckt auf Seite 45. „An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben“, ist dort zu lesen. Vor allem die SPD drängt jetzt in der Koalition auf eine zügige Umsetzung des Werbeverbots für Süßigkeiten, Softdrinks oder Fastfood.

Die Ernährungsexpertin der Bundestagsfraktion, Rita Hagl-Kehl, sagte unserer Redaktion: „Kinder sind verletzliche Verbraucher und brauchen deshalb besonderen Schutz.“ Die SPD setze sich seit Jahren für ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Lebensmittel wie Limonaden, Süßigkeiten und Knabberzeug ein. „Mit der Ampel kann das nun endlich umgesetzt werden“, erklärte die SPD-Frau. Gleichwohl wurde dem Vernehmen nach in den Koalitionsverhandlungen lange um das Vorhaben gerungen. Vor allem die FDP zeigte sich demnach skeptisch.

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Laut Hagl-Kehl geht es aber nicht nur um Reklame im Fernsehen, sondern auch in Zeitschriften und auf Plakaten, im Hörfunk sowie im Online-Bereich. „Das Tabakwerbeverbot hat gezeigt, dass der Bund hier tätig werden kann“, so Hagl-Kehl. Allerdings belegt dieses Beispiel auch, wie schwierig am Ende die Umsetzung ist. Jahrelang war das Tabakwerbeverbot verzögert worden, obwohl es schon einen Kabinettsbeschluss und konkrete Pläne des damaligen Ernährungsministers Christian Schmidt (CSU) gab. Immer wieder hatte die Unionsfraktion auf Druck der Wirtschaft das Vorhaben ausgebremst; Anfang 2021 trat es dann nach zähem Ringen doch in Kraft. Seitdem ist Kinowerbung für Tabakprodukte vor Filmen für unter 18-jährige nicht mehr zulässig. Für Tabakzigarett­en gilt seit Anfang des Jahres ein Plakatverbot.

Nun will die SPD ernährungsbedingte Krankheiten viel stärker als bisher bekämpfen und eine gesunde Ernährung erleichtern. Ernährungswissenschaftler, Kinderärzte, Krankenkassen, Diabetes- und Verbraucherverbände würden das Werbeverbot in Kindersendungen schon lange fordern, betonte Hagl-Kehl. „Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO bemängelt seit langem, dass Kinder gezielt von Anbietern ungesunder Produkte umworben werden.“ Deshalb habe die WHO bereits 2015 Nährwertprofile mit Grenzwerten für Zucker, Fette und Salz erarbeitet, bei deren Überschreitung Lebensmittel nicht mehr als „ausgewogen“ gelten. „Das soll für uns der Maßstab sein. Bei solchen Produkten soll Werbung, die sich an Kinder richtet, untersagt werden“, erläuterte die Expertin.

In einem SPD-Parteibeschluss aus dem vergangene Jahr wird das Vorhaben auch damit begründet, dass laut Untersuchungen Kinder pro Jahr an die 20.000 Werbespots sehen würden. In den Filmchen gehe es vor allem um ungesunde Lebensmittel, sie würden in Musik-, Sport- und Kindersendungen präsentiert. Hinzu kämen soziale Medien wie Tiktok, Youtube oder Instagram, über die Kinder und Jugendliche direkt per Tablet oder Smartphone von Influencern beeinflusst würden. „Eltern haben kaum eine Chance der gezielten Untergrabung ihrer Autorität etwas entgegenzusetzen“, so die SPD damals.

Für die Umsetzung des Vorhabens müssten „die rechtlichen Möglichkeiten jetzt im Ernährungsministerium geprüft werden“, forderte Hagl-Kehl. „Und das soll so schnell wie möglich geschehen.“ Die Opposition kündigte allerdings schon Widerstand an. Unionsfraktionsvize Steffen Bilger sagte unserer Redaktion, in der vormaligen großen Koalition habe man eine Selbstverpflichtung der Werbewirtschaft vorangetrieben, die seit letztem Sommer gelte. „Darin werden strenge Vorgaben gemacht, mit denen eine ausgewogene Ernährung von Kindern gefördert werden soll.“

Etwa, dass in der Werbung alles unterlassen werde, „was als Aufforderung zu einer übermäßigen, einseitigen und damit ungesunden Ernährung von Kindern verstanden werden könnte“. Bilger weiter: „Nicht alles muss gleich verboten werden.“ Er forderte die Liberalen auf, dagegenzuhalten: „Gerade der FDP sollten unnötige Verbote doch fremd sein“, so Bilger.

(has)
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