Verbot von Erdogan-Auftritt Türkei warnt Deutschland vor "schwerem Fehler"

Istanbul · Der türkische Präsident Erdogan soll am Rande des G20-Gipfels in Hamburg nicht vor seinen Landsleuten sprechen. Die Bundesregierung will ihm einen Auftritt untersagen. Die Türkei verurteilt das Verbot scharf und warnt Deutschland vor einem "schweren Fehler".

Das Verbot sei "das konkreteste Beispiel für zweierlei Maß", das in Europa existiere, sagte Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin am Donnerstag nach Angaben der Staatsagentur Anadolu. "Diejenigen, die der Türkei bei jeder Gelegenheit Lehren über Demokratie, Menschenrechte und Freiheiten erteilen wollen", hinderten den Präsidenten daran, sich an türkische Bürger zu wenden. Derweil "scharen sich die Europäer um Terrororganisationen, Putschisten und Gesetzlose". Er hoffe, dass Deutschland nicht die "schweren Fehler" während des Wahlkampfes zum türkischen Verfassungsreferendum wiederhole, als Minister daran gehindert worden seien, in Europa zu sprechen.

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag angekündigt, dass sie einen Auftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor Anhängern in Deutschland verbieten werde. "Wir teilen der Türkei mit, dass wir der Überzeugung sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschland nicht möglich ist. Da gibt es verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass wir das auch können", sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD).

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Archiv).

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Archiv).

Foto: dpa

Nazi-Vorwurf gegen Bundesregierung

"Es ist eine Abwägung der außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Und die sind hier sehr eindeutig", betonte Gabriel. Die Bundesregierung werde in einer Verbalnote mitteilen, "dass wir eine solche Veranstaltung nicht durchführen lassen werden". Einen Auftritt in einem türkischen Generalkonsulat könne die Bundesregierung allerdings nicht untersagen.

Erdogan hatte offiziell einen Auftritt vor Anhängern in Deutschland am Rande des G20-Gipfels beantragt. Der türkische Präsident nach Informationen unserer Redaktion am 9. Juli im ISS Dome in Düsseldorf vor 10.000 Anhängern sprechen, erhielt aber eine Absage. Schon vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei im April hatte es heftigen Streit über einzelne untersagte Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Erdogan hatte der Bundesregierung daraufhin Nazi-Methoden vorgeworfen.

Gabriel betonte auch, dass Erdogan beim G20-Gipfel "mit Ehren empfangen" werde. "Aber alles, was darüber hinaus geht, halten wir jetzt zum aktuellen Zeitpunkt nicht für angemessen", sagte Gabriel. Es gebe "rund um den G20-Gipfel gar nicht die Polizeikräfte, um die Sicherheit herzustellen". Außerdem passe ein solcher Auftritt "nicht in die politische Landschaft", betonte der Minister. "Wir haben in der Bundesregierung dazu auch eine abgestimmte Meinung."

Der letzte Auftritt Erdogans vor Anhängern in Deutschland fand im Mai 2015 in Karlsruhe statt. Es war zugleich Erdogans erster öffentlicher Auftritt in Deutschland als Staatspräsident.

(wer/dpa/AFP)
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