Energiekonzern RWE klagt gegen Stilllegung Trotz Klage: AKW Biblis bleibt vom Netz

Frankfurt/Main (RPO). Das hessische Umweltministerium will den Reaktor Biblis A offenbar trotz der Klage des Betreibers RWE abgeschaltet lassen. Sollte RWE Vorbereitungen treffen, Biblis A wieder hochzufahren, werde das Umweltministerium dies mit einem "Sofortvollzug" unterbinden, sagte ein Ministeriumssprecher.

Deutschlands ältestes Atomkraftwerk Biblis in sechs Daten
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Foto: dapd

Mit dem sogenannten Sofortvollzug könnten die Behörden nach Angaben von HR-Info am Freitag einen Verwaltungsakt unmittelbar durchsetzen.

Eine RWE-Unternehmenssprecherin sagte am Freitag: "Wir treffen keine Vorbereitungen zum Wiederanfahren." Vor der Inbetriebnahme wolle der Konzern die gerichtliche Klärung abwarten. Es sei offen, wie lange dies dauern werde.

Urteil könnte auf sich warten lassen

Ein Sprecher des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Kassel sagte am Freitag, mit einem Urteil sei "nicht innerhalb der nächsten Wochen zu rechnen". Bislang sei die Klage, die am Morgen gegen 08.33 Uhr bei dem Gericht eingegangen sei, noch nicht schriftlich begründet worden, sagte der VGH-Sprecher. Sei dies geschehen, werde das Umweltministerium in Wiesbaden Möglichkeit zu einer Entgegnung erhalten. Wann ein Urteil falle, könne er nicht genau sagen.

Der Energiekonzern RWE hatte am Donnerstag angekündigt, gegen die vom Staat angeordnete vorläufige Abschaltung des hessischen Atomkraftwerks Biblis A zu klagen. Namhafte Juristen hätten Zweifel, ob die Rechtsgrundlage für das dreimonatige Moratorium tragfähig sei, hieß es zur Begründung der Klage.

RWE erklärte, die deutschen Kernkraftwerke erfüllten die geltenden Sicherheitsanforderungen. "Für eine Betriebseinstellung fehlt daher die rechtliche Maßgabe." RWE wahre mit der Klage die Interessen seiner Aktionäre, hieß es. Mit jedem Tag des Stillstands von Biblis A entgehen dem Kraftwerksbetreiber nach Einschätzung von Experten rund eine Million Euro Gewinn.

RWE steht mit Klage allein da

Mit seinem Konfrontationskurs gegen die Bundesregierung steht der Essener Konzern bislang in der Energiewirtschaft allein auf weiter Flur. Konkurrent Eon hatte im Gegensatz zu RWE am Donnerstag entschieden, auf eine Klage gegen das Moratorium zu verzichten. "Wir wollen uns mit Argumenten an der Diskussion über die Zukunft der Kernenergie beteiligten, nicht mit juristischen Grabenkämpfen", sagte ein Eon-Sprecher.

Offen ließ Deutschlands größter Energieversorger, ob er gegen die Brennelementesteuer rechtlich vorgehen will. "Dazu gibt es noch keine Entscheidung", hieß es in Essen. Auch beim Förderfonds für erneuerbare Energien müsse erst in einigen Wochen über die nächste Zahlung entschieden werden.

Vattenfall als weiterer Kernkraftwerksbetreiber in Deutschland ist nach eigenen Angaben nicht von der Stilllegung betroffen, da seine Meiler in Krümmel und Brunsbüttel ohnehin bereits seit Jahren keinen Strom produzieren. Eine Klage sei deshalb kein Thema, hieß es bei dem Unternehmen.

Beim AKW-Betreiber EnBW gilt eine Klage nach dem Wahlsieg von Grün-Rot in Baden-Württemberg als ausgeschlossen, da der Konzern überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand ist.

Atomgegner rufen zu Versorgerwechsel auf

Atomkraftgegner appellierten unterdessen an die Kunden der AKW-Betreiber, den Stromversorger zu wechseln, um Druck auf die Konzerne auszuüben, ihren Atomkurs zu überdenken. Der Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt", Jochen Stay, sagte: "Die Sprache, die RWE und Eon, EnBW und Vattenfall verstehen, ist die Sprache des Geldes. Je mehr Kunden sich von den Atomstromern verabschieden, umso größer wird die Bereitschaft der Unternehmen, auf ihre gefährlichen Reaktoren zu verzichten."

Die Bundesregierung hatte vor gut zwei Wochen vor dem Hintergrund des Unglücks im japanischen Atomkraftwerk Fukushima die Abschaltung sieben älterer Reaktoren verfügt und die beschlossene Laufzeitverlängerung für drei Monate ausgesetzt. Grundlage war das Atomgesetz. Danach kann die Aufsichtsbehörde die Abschaltung eines Kraftwerks verlangen, wenn etwa Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter bestehen.

(apd/RTR/jre)
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